Gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen sowohl Fachkreise (Ärzte und Apotheker) als auch das allgemeine Publikum (Endverbraucher), kann der Gesamteindruck, den die verschiedenen Verkehrskreise von den Marken haben, unterschiedlich ausfallen. Kann aufgrund der gespaltenen Verkehrsauffassung nur bei einem der verschiedenen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bejaht werden, reicht dies für die Verwirklichung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich aus.
Das Publikum hat regelmäßig keine Veranlassung, von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zwischen den Unternehmen auszugehen, die Inhaber der kollidierenden Marken sind, wenn die Ähnlichkeit der Waren durchschnittlich ist, die ältere Marke über normale Kennzeichnungskraft verfügt und deutliche Unterschiede zwischen den Marken bestehen.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch beschlossen:
a) Die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden gegen den an Verkündungs Statt am 16. Juni 2009 zugestellten Beschluss des 25. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
b) Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen der Widersprechenden zur Last.
c) Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. Für die Markeninhaberin ist die am 7. August 2002 angemeldete Wortmarke Nr. 302 38 530
Melox-GRY
am 20. Februar 2003 für die Waren
pharmazeutische Erzeugnisse zur symptomatischen Behandlung akuter Schübe von Arthrose, symptomatischen Behandlung der rheumatoiden Arthritis und symptomatischen Behandlung des Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans)
Gegen die Eintragung hat die Widersprechende aus ihrer am 6. November 1978 für die Waren pharmazeutische Erzeugnisse und chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege eingetragenen Wortmarke Nr. 978 318
Maalox
Widerspruch erhoben.
Die Markeninhaberin hat die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke erhoben.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat eine Verwechslungsgefahr der Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (BPatG, Beschluss vom 16. Juni 2009 — 25 W (pat) 54/08, juris).
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde. Die Markeninhaberin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist die frühere Markeninhaberin “GRY-Pharma GmbH” auf die Pharmachemie GmbH verschmolzen worden, die nunmehr die Unternehmensbezeichnung “TEVA GmbH” führt.
II. Das Bundespatengericht hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr für unbegründet erachtet (§ 43 Abs. 2 Satz 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Dazu hat es ausgeführt:
Die Widersprechende habe eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Magen- und Darmmittel glaubhaft gemacht. Diese Waren seien bei der Widerspruchsmarke der Prüfung der Verwechslungsgefahr zugrunde zu legen. Zwischen Magen- und Darmmitteln und den Waren, für die die jüngere Marke eingetragen sei, bestehe eine durchschnittliche Ähnlichkeit. Die Widerspruchsmarke verfüge zudem über eine normale Kennzeichnungskraft. Den danach erforderlichen weiten Abstand von der Widerspruchsmarke halte die jüngere Marke ein. Die Marken “Maalox” und “Melox-GRY” unterschieden sich klanglich und bildlich deutlich. Der Verkehr habe auch keine Veranlassung, das in der angegriffenen Marke enthaltene (vormalige) Firmenschlagwort “GRY” der Markeninhaberin zu vernachlässigen. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn sei nicht gegeben. Der Bestandteil “Melox” verfüge in der angegriffenen Marke nicht über eine selbständig kennzeichnende Stellung.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht hat das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ohne Rechtsfehler verneint.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ebenso wie bei § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 — I ZR 102/07, GRUR 2010, 235 Rn. 15 = WRP 2010, 381 — AIDA/ AIDU; Urteil vom 19. November 2009 — I ZR 142/07, GRUR 2010, 729 Rn. 23 = WRP 2010, 1046 — MIXI). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen oder dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Gehören zu den angesprochenen Verkehrskreisen sowohl Fachkreise (Ärzte und Apotheker), die in den Absatz der Produkte eingeschaltet sind, als auch das allgemeine Publikum (Endverbraucher), kann der Gesamteindruck, den die verschiedenen Verkehrskreise von den Marken haben, unterschiedlich ausfallen. Dies kann etwa darauf beruhen, dass die Fachkreise eine größere Aufmerksamkeit bei der Erfassung der Marken aufwenden und Unterschiede zwischen den kollidierenden Marken besser in Erinnerung behalten als die Endverbraucher. Eine unterschiedliche Erfassung des Gesamteindrucks der Marken durch verschiedene Verkehrskreise kann auch darauf zurückzuführen sein, dass die Fachkreise über detailliertere Kenntnisse als die Endverbraucher im Hinblick auf Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Produktsektor verfügen und beispielsweise einen in dem Zeichen eines Arzneimittels enthaltenen Hinweis auf den Wirkstoff ohne weiteres erkennen und in Erinnerung behalten. Kann aufgrund einer gespaltenen Verkehrsauffassung nur bei einem der verschiedenen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bejaht werden, reicht dies für die Verwirklichung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG aus (vgl. zu Art. 8 Abs. 1 Buchst. b GMV EuGH, Urteil vom 26. April 2007 C‑412/05, Slg. 2007, I3569 = GRUR Int. 2007, 718 Rn. 8899 TRAVATAN/TRIVASTAN).
2. Das Bundespatentgericht ist zu Recht von durchschnittlicher Warenähnlichkeit ausgegangen. Es hat seiner Prüfung aus dem Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke zutreffend nicht den (weiten) Oberbegriff der pharmazeutischen Erzeugnisse zugrunde gelegt, sondern auf Magen- und Darmmittel abgestellt. Wird die ältere Marke nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen benutzt, für die sie eingetragen ist, so gilt sie im Kollisionsfall lediglich für diesen Teil als eingetragen (Art. 11 Abs. 4 MarkenRL; § 25 Abs. 2 Satz 3, § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Ist die Marke für einen (weiten) Warenoberbegriff eingetragen, ist sie so zu behandeln, als sei sie nur für die konkret benutzten Waren registriert (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2006 — I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 Rn. 22 = WRP 2006, 1133 — Ichthyol II). Unerheblich ist, in welchem Umfang die mangelnde Benutzung zu einer Löschung führen müsste (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. April 2008 — I ZR 167/05, GRUR 2009, 60 Rn. 32 = WRP 2008, 1544 — LOTTOCARD).
Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass die Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke für ein Magen- und Darmmittel glaubhaft gemacht hat. Nach den Packungsinformationen, die das Bundespatentgericht in seine Beurteilung einbezogen hat, wird das mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Arzneimittel zur Behandlung von Erkrankungen angewandt, bei denen Magensäure gebunden werden soll, und zwar bei Sodbrennen, säurebedingten Magenbeschwerden sowie Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren. Daraus folgt die vom Bundespatengericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte konkrete Benutzung für ein Magen- und Darmmittel.
3. Das Bundespatentgericht ist in seiner Entscheidung mangels gegenteiliger Feststellungen von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
4. Den Grad der Ähnlichkeit der Marken hat das Bundespatentgericht als so gering angesehen, dass trotz Warenähnlichkeit und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine unmittelbare Verwechslungsgefahr auszuschließen sei. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Die Frage der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungsgehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1999 — C‑342/97, Slg. 1999, I‑3819 = GRUR Int 1999, 734 Rn. 27 f. Lloyd; BGH, Beschluss vom 3. April 2008 — I ZB 61/07, GRUR 2008, 903 Rn. 17 = WRP 2008, 1342 — SIERRA ANTIGUO). Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist das Bundespatentgericht von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz ausgegangen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2007 — C‑334/05, Slg. 2007, I‑4529 = GRUR 2007, 700 Rn. 35 — HABM/Shaker [Limoncello]; BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 — I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 23 = WRP 2009, 1533 — airdsl). Der Beurteilung des Gesamteindrucks der Marken sind bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG sowohl bei der älteren Wi-derspruchsmarke als auch bei der jüngeren Marke die Zeichen in ihrer eingetragenen Form zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2004 — I ZB 4/02, GRUR 2005, 326, 327 = WRP 2005, 341 — il Padrone/Il Portone). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urteil vom 13. September 2007 — C‑234/06, Slg. 2007, I‑7333 = GRUR 2008, 343 Rn. 33 — Il Ponte Finanziaria/ HABM [BAINBRIDGE]; Urteil vom 2. September 2010 C254/09, GRUR 2010, 1098 Rn. 56 = WRP 2010, 1368 Calvin Klein/HABM [CK CREACIONES KENNYA]; BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 — I ZR 167/06, GRUR 2009, 484 Rn. 32 = WRP 2009, 616 — METROBUS). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen.
b) Weiterhin ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der Marke dominiert oder prägt (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 — C‑120/04, Slg. 2005, I‑8551 = GRUR 2005, 1042 Rn. 30 — THOMSON LIFE; BGH, Urteil vom 22. Juli 2004 — I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 — Mustang). Die Beurteilung des Gesamteindrucks zusammengesetzter Zeichen liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet und kann im Rechtsbeschwer-deverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Bundespatent-gericht den zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, bestehende Erfahrungssätze angewandt und den Sachvortrag umfassend gewürdigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003 — I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 — Telekom; Beschluss vom 29. Mai 2008 I ZB 55/05, GRUR 2008, 909 Rn. 29 = WRP 2008, 1345 Pantogast).
c) Der Bestandteil “GRY” tritt in der angegriffenen Marke nicht in den Hintergrund, obwohl er das Firmenschlagwort der früheren Markeninhaberin gewesen ist. Deren vollständige Unternehmensbezeichnung lautete im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundespatentgerichts “GRY-Pharma GmbH”. Ob die erst während des Rechtsbeschwerdeverfahrens eingetretene Änderung der Unternehmensbezeichnung von “GRY-Pharma GmbH” in “TEVA GmbH” bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, braucht nicht entschieden zu werden. Auch wenn weiter davon ausgegangen wird, dass der Bestandteil “GRY” der angegriffenen Marke dem Firmenschlagwort der Markeninhaberin entspricht, verhilft dies der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Zwar ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass bei zusammengesetzten Zeichen ein Bestandteil, der für den Verkehr erkennbar das Unternehmenskennzeichen der Markeninhaberin ist, im allgemeinen in der Bedeutung für den Gesamteindruck zurücktritt, weil der Verkehr die eigentliche Kennzeichnung in derartigen Fällen in dem anderen Bestandteil der zusammengesetzten Marke erblickt (vgl. BGH, GRUR 2004, 865, 866 Mustang, mwN). Dieser Erfahrungssatz besagt aber nicht, dass die tatrichterliche Würdigung des Einzelfalls unter Heranziehung aller Umstände nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 — I ZB 54/05, GRUR 2008, 905 Rn. 27 = WRP 2008, 1349 — Pantohexal).
aa) Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass in der angegriffenen Marke der Bestandteil “GRY” — auch wenn es sich um das Firmenschlagwort der Markeninhaberin handelt — eine produktkennzeichnende Funktion hat und vom Verkehr wegen der besonders auffälligen Gestaltung in Großbuchstaben nicht vernachlässigt wird. Es hat dies daraus gefolgert, dass das Firmenschlagwort “GRY” der Markeninhaberin dem allgemeinen Publikum in der Regel nicht bekannt sei und dieses deshalb keine Veranlassung habe, nur in dem Bestandteil “Melox” die eigentliche Produktkennzeichnung zu sehen. Dem aus Ärzten und Apothekern bestehenden Fachpublikum sei zwar die (vormalige) Unternehmensbezeichnung “GRY-Pharma GmbH” bekannt. Wegen der Anlehnung des Bestandteils “Melox” der jüngeren Marke an den International Non-proprietary Name (INN) “Meloxicam” habe aber auch der Fachverkehr keine Veranlassung, allein den Markenbestandteil “Melox” als prägend anzusehen und den weiteren Bestandteil “GRY” zu vernachlässigen. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
bb) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang, das Bundespatentgericht habe keine ausreichenden Feststellungen getroffen, die den Schluss rechtfertigten, dem allgemeinen Publikum sei die Bezeichnung “GRY” als Firmenschlagwort der (vormaligen) Markeninhaberin im allgemeinen unbekannt. Die Markeninhaberin verfüge über 23 in der Benutzung befindliche Präparate, die nach dem gleichen Muster mit dem Bestandteil “GRY” gebildet seien. Der Endverbraucher, der diese Präparate einnehme oder anwende, erkenne die Markeninhaberin und den Bestandteil “GRY” der vollständigen Herstellerangabe.
(1) Zu der Benutzung der mit dem Bestandteil “GRY” gebildeten Marken und der (vormaligen) Unternehmensbezeichnung “GRY-Pharma GmbH” im Inland hat die Widersprechende in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen. Es ist auch sonst nichts dafür geltend gemacht oder ersichtlich, dass die mit dem Bestandteil “GRY” gebildeten Marken und die in Rede stehende Unternehmensbezeichnung während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt präsent gewesen und jedermann gegenübergetreten sind. Entsprechender Vortrag hierzu war aber erforderlich, weil die Widersprechende auch im Rahmen der Amtsermittlung nach § 73 Abs. 1 MarkenG eine Mitwirkungspflicht trifft (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1987 — I ZB 9/86, GRUR 1988, 211, 212 — Wie hammas denn?; BGH, GRUR 2008, 909 Rn. 35 — Pantogast). Ohne konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Bestandteil “GRY” gebildeten Marken und die (vormalige) Unternehmensbezeichnung der Markeninhaberin in einem so nennenswerten Umfang auf dem Markt präsent waren, dass sie die Verkehrsanschauung des Durchschnittsverbrauchers beeinflussten, konnte das Bundespatentgericht davon ausgehen, dass für das allgemeine Publikum der Bestandteil “GRY” in der jüngeren zusammengesetzten Marke nicht als Firmenschlagwort der Markeninhaberin erkennbar war. Für ihre gegenteilige Auffassung beruft sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg auf diejenigen Endverbraucher, die die Präparate der Markeninhaberin einnehmen oder anwenden und denen deshalb das Unternehmensschlagwort “GRY” der Markeninhaberin bekannt ist. Dazu, wie umfangreich dieser Kreis der Endverbraucher ist, hat das Bundespatentgericht keine Feststellungen getroffen, ohne dass die Rechtsbeschwerde Vortrag der Markeninhaberin hierzu als übergangen rügt. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Teil so umfänglich ist, dass er das Verständnis des durchschnittlichen Angehörigen der allgemeinen Verkehrskreise beeinflusst.
(2) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat der Verkehr auch nicht wegen der grafischen Hervorhebung des Bestandteils “GRY” in der angegriffenen Marke durch die Schreibweise in Großbuchstaben Veranlassung, darin das Firmenschlagwort der Markeninhaberin zu sehen. Die Rechtsbeschwerde zeigt schon nicht auf, dass die Widersprechende ein entsprechendes Verkehrsverständnis in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht hat.
cc) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde auch gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, das medizinische Fachpublikum werde den Bestandteil “GRY” in der jüngeren Marke ebenfalls nicht vernachlässigen. Die Annahme des Tatrichters, wegen der beschreibenden Anlehnung des Zeichenbestandteils “Melox” an den älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine “Meloxicam” werde der Fachverkehr, dem die (vormalige) Unternehmensbezeichnung der Markeninhaberin bekannt sei, den Bestandteil “GRY” nicht vernachlässigen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
dd) Vernachlässigen die angesprochenen Verkehrskreise danach den Bestandteil “GRY” der jüngeren Marke nicht, kommt diesem Bestandteil nach den zutreffenden Ausführungen des Bundespatentgerichts eine das Gesamtzeichen mitprägende Bedeutung zu.
c) Zu Recht ist das Bundespatentgericht danach davon ausgegangen, dass die Zeichenähnlichkeit zwischen “Maalox” und “Melox-GRY” im Hinblick auf die unterschiedlichen Vokale “aa” und “e” der Anfangssilben der Wörter “Maalox” und “Melox” in den kollidierenden Marken und den zusätzlich den Gesamteindruck der jüngeren Marke mitprägenden Bestandteil “GRY” zu gering ist, um in Anbetracht normaler Warenähnlichkeit und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu begründen.
5. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Rechtsbeschwerde, die sich dagegen richten, dass das Bundespatentgericht eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn verneint hat.
a) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn liegt vor, wenn ein mit der komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rn. 31 — THOMSON LIFE; Urteil vom 24. Juni 2010 C‑51/09, GRUR 2010, 933 Rn. 34 Barbara Becker; BGH, Urteil vom 3. April 2008 — I ZR 49/05, GRUR 2008, 1002 Rn. 33 = WRP 2008, 1434 — Schuhpark; Urteil vom 2. Dezember 2009 — I ZR 44/07, GRUR 2010, 646 Rn. 15 = WRP 2010, 893 — OFFROAD). Das setzt aber voraus, dass der Verkehr aufgrund besonderer Umstände Veranlassung hat, das zusammengesetzte Zeichen zergliedernd und nicht als einheitliche Bezeichnung aufzufassen (vgl. BGH, GRUR 2010, 729 Rn. 34 — MIXI).
b) Der durchschnittliche Angehörige der angesprochenen Verkehrskreise hat keine Veranlassung, von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zwischen den Markeninhaberinnen auszugehen. Das gilt sowohl für das allgemeine Publikum (Endverbraucher) als auch für die Fachkreise (Ärzte und Apotheker).
aa) Das Bundespatentgericht ist zu Recht davon ausgegangen, für das allgemeine Publikum sei nicht erkennbar, dass der Bestandteil “GRY” das Firmenschlagwort der Markeninhaberin sei (dazu Rn. 19 ff.). Es hatte deshalb auch keinen Grund, von einer selbständig kennzeichnenden Stellung der Bestandteile “Melox” und “GRY” der jüngeren Marke auszugehen.
bb) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Bundespatentgericht auch nicht gehindert, eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn zwischen den kollidierenden Marken im Zusammenhang mit dem medizinischen Fachpublikum zu verneinen. Zwar erkennt dieser Teil der angesprochenen Verkehrskreise, dass der Zeichenbestandteil “GRY” das (vormalige) Firmenschlagwort der Markeninhaberin ist. Das Fachpublikum hat aber keine Veranlassung von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zwischen den Unternehmen auszugehen, die Inhaber der kollidierenden Marken sind. Dies hat das Bundespatentgericht zutreffend daraus gefolgert, dass die Widerspruchsmarke sich nicht in identischer Form, sondern wegen der verschiedenen Vokale der Anfangssilben der Marken nur mit einer deutlichen Abweichung in dem Zeichenbestandteil “Melox” wiederfindet und zwischen den beanspruchten Waren lediglich durchschnittliche Warenähnlichkeit besteht. Hinzu kommt der für das Fachpublikum offensichtliche Unterschied bei der Markenbildung der kollidierenden Zeichen. Während der Bestandteil “Melox” an den INN “Meloxican” angelehnt ist, ist die Widerspruchsmarke ein Phantasiebegriff.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG.