Die Grenzen der Marken­schutz­fä­higkeit – Die Marke „smart!“ ist nicht schutzfähig

In einer Zeit, in der Marken mehr als nur ein Name oder ein Logo sind, sondern eine wesent­liche Rolle in der Marken­stra­tegie eines Unter­nehmens spielen, gewinnen recht­liche Ausein­an­der­set­zungen über die Schutz­fä­higkeit von Marken immer mehr an Bedeutung. Ein bemer­kens­wertes Beispiel hierfür ist das Urteil des Gerichts der Europäi­schen Union (EuG) vom 6. September 2023 in der Rechts­sache T‑658/22, Allegro sp. z o.o. gegen EUIPO. Dieser Fall verdeut­licht die komplexen Heraus­for­de­rungen, denen sich Unter­nehmen gegen­über­sehen, wenn sie versuchen, Begriffe des täglichen Lebens als Marken eintragen zu lassen.

 

Hinter­grund des Falls

Allegro, eine führende E‑Com­merce-Plattform in Polen und die dritt­größte in Europa, beantragte beim EUIPO die Eintragung der Wortmarke “SMART!” für eine Reihe von Dienst­leis­tungen und Waren, darunter Compu­ter­software sowie Marketing- und Handels­dienst­leis­tungen. Das EUIPO lehnte die Eintragung mit der Begründung ab, dass der Begriff “smart” und das hinzu­ge­fügte Ausru­fe­zeichen von den maßgeb­lichen Verkehrs­kreisen als allge­meine Beschreibung intel­li­genter Techno­logie aufge­fasst würden und daher keine Unter­schei­dungs­kraft hätten.

Die Zurück­weisung stützte sich auf Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung 2017/1001, wonach Zeichen ohne Unter­schei­dungs­kraft nicht einge­tragen werden können. Nach Ansicht des EUIPO würde ein englisch­spra­chiger Verbraucher das Zeichen “SMART!” unmit­telbar mit den positiven Eigen­schaften intel­li­genter Produkte in Verbindung bringen. Das Zeichen sei daher nicht geeignet, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unter­nehmen hinzuweisen.

Die Beschwer­de­kammer des EUIPO bestä­tigte diese Entscheidung auf die Beschwerde der Anmel­derin hin mit sehr ähnlicher Begründung. Allegro gab sich damit jedoch nicht zufrieden und legte auch gegen die Entscheidung der Beschwer­de­kammer Rechts­mittel beim Gericht der Europäi­schen Union in Luxemburg ein.

 

 Argumente von Allegro

Allegro brachte mehrere Haupt­ar­gu­mente gegen die Zurück­weisung ihrer Marken­an­meldung “SMART!” durch das EUIPO vor:

  1. Allegro argumen­tierte, dass der Begriff “smart” nicht auf die Bedeutung “intel­ligent” beschränkt sei. Smart” sei ein immate­ri­eller und mehrdi­men­sio­naler Begriff, der eine Vielzahl von Bedeu­tungen haben könne, die über die bloße Assoziation mit Intel­ligenz hinausgingen.
  2. Allegro machte geltend, dass das Ausru­fe­zeichen am Ende von “SMART!” dazu beitrage, die Aufmerk­samkeit darauf zu lenken, dass das Wort als Marke und nicht nur als beschrei­bender Begriff verwendet werde. Das Ausru­fe­zeichen stelle eine origi­nelle Benutzung dar, die den Verbrau­chern signa­li­siere, dass es sich um einen Marken­namen und nicht nur um eine Beschreibung eines Merkmals handele.
  3. Allegro kriti­sierte das EUIPO wegen angeblich inkon­sis­tenter Anwendung seiner eigenen Regeln und Grund­sätze bei der Beurteilung der Unter­schei­dungs­kraft. Sie wiesen darauf hin, dass das EUIPO in der Vergan­genheit ähnliche Marken mit dem Wort “smart” einge­tragen habe, und argumen­tierten, dass diese auf der Grundlage des Gleich­be­hand­lungs­grund­satzes ebenfalls zur Eintragung berechtigt seien.
  4. Allegro betonte, dass, obwohl “SMART!” auch als Werbe­slogan dienen könne, dies die Funktion der Marke als Hinweis auf die betrieb­liche Herkunft nicht ausschließe. Die Marke könne auch dazu dienen, die Herkunft von Waren und Dienst­leis­tungen zu identi­fi­zieren, was ein wesent­liches Merkmal einer schutz­fä­higen Marke sei.

Diese Argumente zielten darauf ab, die Entscheidung des EUIPO zu wider­legen und die Eintragung von “SMART!” als Marke zu sichern, indem sie betonten, dass die Marke über ausrei­chende Unter­schei­dungs­kraft verfüge und nicht nur als Werbe­slogan oder beschrei­bender Begriff wahrge­nommen werde.

 

Urteil des Gerichts

Das Gericht der Europäi­schen Union hat die Entscheidung des EUIPO, die Eintragung der Marke “SMART!” von Allegro abzulehnen, bestätigt und dafür mehrere entschei­dende Gründe angeführt. Zunächst betonte das Gericht, dass der Begriff “smart” in der engli­schen Sprache gebräuchlich ist und im Allge­meinen mit Intel­ligenz oder fortschritt­licher Techno­logie assoziiert wird. Dies bedeute, dass der Begriff in Bezug auf die von Allegro angebo­tenen Waren beschreibend sei und daher keine Unter­schei­dungs­kraft besitze, die auf ein bestimmtes Unter­nehmen hinweisen könne.

Das Gericht führte weiter aus, dass das Ausru­fe­zeichen am Ende des Begriffs “SMART” in erster Linie dazu diene, die Aufmerk­samkeit auf die positiven Eigen­schaften der bewor­benen Produkte zu lenken, ohne jedoch marken­recht­liche Unter­schei­dungs­kraft zu vermitteln. Es trägt nicht dazu bei, die Marke von anderen ähnlichen Angeboten auf dem Markt zu unterscheiden.

Das Gericht ging auch auf den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz ein, den Allegro zur Unter­stützung seiner Argumen­tation angeführt hatte. Es stellte klar, dass frühere Entschei­dungen des EUIPO nicht notwen­di­ger­weise präju­di­ziell für alle zukünf­tigen Fälle sind. Jede Marken­an­meldung müsse indivi­duell beurteilt werden und die Entschei­dungen müssten auf der Grundlage des jewei­ligen Sachver­halts getroffen werden. Dies bedeutet, dass eine einheit­liche Anwendung der Regeln nicht immer zu identi­schen Ergeb­nissen führt.

Abschließend stellte das Gericht fest, dass Zeichen, die als Werbe­slogans, Quali­täts­hin­weise oder zur Förderung des Absatzes von Waren oder Dienst­leis­tungen verwendet werden, nicht grund­sätzlich von der Eintragung ausge­schlossen sind. Sie sind eintra­gungs­fähig, wenn die maßgeb­lichen Verkehrs­kreise sie neben ihrer Werbe­funktion auch als betrieb­lichen Herkunfts­hinweis erkennen können. Im Fall von “SMART!” war das Gericht jedoch der Ansicht, dass die Marke nicht die erfor­der­lichen Merkmale aufweise, um als Hinweis auf die Herkunft der Waren oder Dienst­leis­tungen zu dienen.

 

Bedeutung des Falles für die Markenpraxis

Dieses Urteil unter­streicht die Notwen­digkeit für Unter­nehmen, bei der Anmeldung von Marken, die aus allgemein gebräuch­lichen Wörtern bestehen, sorgfältig zu argumen­tieren, warum diese Zeichen als Hinweis auf die Herkunft ihrer Waren oder Dienst­leis­tungen dienen können. Es zeigt auch, dass die Hinzu­fügung eines allge­meinen Inter­punk­ti­ons­zei­chens wie eines Ausru­fe­zei­chens nicht notwen­di­ger­weise die Unter­schei­dungs­kraft eines ansonsten beschrei­benden Begriffs erhöht. Gegebe­nen­falls muss auf eine Wort-/Bild­marke zurück­ge­griffen werden, um ein Mindestmaß an Schutz zu erlangen. Lassen Sie sich in dieser Frage eingehend beraten, bevor Sie mit einer Anmeldung scheitern.

 

“Die Entscheidung Allegro vs. EUIPO unter­streicht den schmalen Grat zwischen Gattungs­be­griffen und unter­schei­dungs­kräf­tigen Marken. Sie erinnert uns daran, dass nicht nur die Wahl des Begriffs, sondern auch seine Präsen­tation und seine wahrge­nommene Bedeutung im Kontext entscheidend sind, um den Sprung von einem allge­meinen Adjektiv zu einer schutz­fä­higen Marke zu schaffen. Unter­nehmen müssen verstehen, dass ein kreativer Ansatz bei der Marken­bildung ebenso wichtig ist wie die beglei­tende recht­liche Strategie”. Rechts­anwalt Sylvio Schiller