Eine doch recht erstaunliche Entscheidung des BPatG, denn es lässt bei die als beschreibend einzuordnende Silbe am Ende der Bezeichnungen ausreichen, eine Verwechslungsgefahr zu verneinen, dabei liegt die höhere Aufmerksamkeit des Verbrauchers regelmäßig auf dem hier identischen Wortanfang.
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 30 2008 043 396 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. Januar 2013 beschlossen:
- Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. August 2010 aufgehoben.
- Der Widerspruch aus der Marke 30 2008 017 576 wird zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
In der Entscheidung stehen sich die folgenden Marken gegenüber.
TelDaFax
Klasse 38:
Telekommunikation
TelDaKom
Klasse 38:
Telekommunikation
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch hin am 4. August 2010 die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den für identische Dienstleistungen bestimmten Marken bestehe die Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs.1 Nr. 2 MarkenG. Zwar unterscheide sich die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke auf Grund der Abweichungen in den Zeichenendungen “KOM” und “FAX” klanglich, schriftbildlich und begrifflich so deutlich, dass unmittelbare Markenverwechslungen nicht zu erwarten seien.
Es bestehe jedoch die Gefahr, dass die Marken gedanklich in Verbindung gebracht würden. Voraussetzung für die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung sei, dass die beteiligten Verkehrskreise einen in den beiderseitigen Marken enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werteten, diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimäßen und deshalb die übrigen, abweichenden Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren und Dienstleistungen aus dem Unternehmen des Inhabers der älteren Marke ansähen. Zusätzlich zum Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in den Vergleichsmarken sei erforderlich, dass diesem Bestandteil ein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukomme. Davon sei insbesondere auszugehen, wenn es sich bei dem fraglichen Element um einen besonders charakteristisch hervorstechenden Bestandteil handele und die Art der abweichenden Bestandteile den Schluss auf eine gemeinsame betriebliche Herkunft oder Produktverantwortung nahelege. Bei dem übereinstimmenden Bestandteil “TelDa” der Vergleichsmarken handele es sich um einen solchen charakteristischen Bestandteil.
Bei den abweichenden Bestandteilen “KOM” bzw. “FAX” handele es sich jeweils um gängige Kurzformen von Telekommunikations – Fachbegriffen, die nur als sachbezogene Hinweise verstanden würden, weshalb die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung verweist sie auf ihre Argumentation gegenüber der Markenstelle. Dort hat sie vor-getragen, die beiderseitigen Marken seien als Ganzes miteinander zu vergleichen. Der Unterschied in den Markenendungen “Kom” und “Fax” der sich gegenüber-stehenden Marken schließe dabei eine Verwechslungsgefahr aus. Der überein-stimmende Bestandteil “TelDa” könne eine Verwechslungsgefahr nicht begründen, weil dieser Bestandteil der Widerspruchsmarke den Gesamteindruck der Marken nicht präge und in diesen auch keine selbständig kennzeichnende Stellung inne-habe. Er sei auch als Stammbestandteil von Serienzeichen nicht geeignet, weil es sich bei “TelDa” um die Abkürzung der Begriffe “Telekommunikation” und “Daten” handele. Wegen dieses beschreibenden Charakters komme der Widerspruchsmarke auch nur eine geschwächte Kennzeichnungskraft zu.
Eine Schwächung der Widerspruchsmarke ergebe sich auch daraus, dass es mehrere benutzte Drittmarken gebe, die entweder den Bestandteil “TelDa” oder die Endung “Com” enthielten. Die Markeninhaberin beantragt, den angegriffenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.-9-Die Benutzung einer Serie von Marken mit dem hier als Stammbestandteil in Betracht kommenden, den beiderseitigen Marken gemeinsamen Zeichenbestandteil “TelDa” hat die Widersprechende nicht dargetan.
Sie hat zwar vorgetragen, dass für sie die beiden weiteren Marken “TelDa0800″ und “TelDa.Net” eingetragen sind. Eine Benutzung dieser Marken im inländischen Geschäftsverkehr hat sie jedoch weder glaubhaft gemacht noch behauptet. Somit fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der inländische Verkehr den Wortanfang “TelDa” der Widerspruchsmarke auch bei einer Verbindung mit anderen Wortbestandteilen als dem in der Widerspruchsmarke enthaltenen Begriff “Fax” als Hinweis auf die Herkunft von Telekommunikationsdienstleistungen aus dem Unternehmen der insolventen Widersprechenden verstehen wird.
Entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht kann die Gefahr von Verwechslungen der Marken durch gedankliche Verbindung auch nicht damit begründet werden, dass es sich bei den Anfangssilben “TelDa” der Widerspruchsmarke um einen besonders charakteristisch hervorstechenden Markenbestandteil handelt.
Es ist bereits zweifelhaft, ob beim Auftreten einer einzelnen Marke für die angesprochenen Verkehrskreise überhaupt der Gedanke an einen Stammbestandteil und eine daraus resultierende Markenserie naheliegt (so: BGH GRUR 1998, 927, 928 ‑AQUA; zuletzt offengelassen in GRUR 2008, 905, 908 ‑Pantohexal), nach-dem der Europäische Gerichtshof für das Gemeinschaftsmarkenrecht entschieden hat, dass die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens davon abhängt, dass eine Markenserie tatsächlich am Markt präsent ist (EuGH a.a.O. ‑IlPonte Finanziaria Spa/HABM). Jedenfalls sind bei der tatsächlichen Benutzung nur einer Marke strenge Anforderungen an den Hinweis-charakter zu stellen (BGH GRUR 1996, 777, 778 ‑JOY), die im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Zum einen enthält der Bestandteil “TelDa” mit der Abkürzung “Tel” eine für Telekommunikationsdienstleistungen beschreibende Angabe, die als auf ein einzelnes Unternehmen hinweisender Stammbestandteil ungeeignet ist.
Der Zeichenanfang “TelDa” tritt in der Widerspruchsmarke auch nicht wie ein eigenständiger Bestandteil gegenüber dem Zeichenende “Fax” in Erscheinung. Der Verkehr hat daher keine Veranlassung, die zusammengeschriebene Widerspruchsmarke gerade in “TelDa” und “Fax” aufzuspalten und nur in “TelDa” einen Hinweis auf das Unternehmen der Widersprechenden zu sehen. Auch die Firma der Widersprechenden lautet nicht “TelDa”, sondern “TelDaFax”.
Der Bestandteil “TelDa” der Widerspruchsmarke weist auch sonst keine Merkmale auf, die ihn innerhalb der gesamten Widerspruchsmarke als besonders charakteristisch hervorstechend erscheinen lassen. Eine diese Annahme rechtfertigende Begründung ist auch die Markenstelle schuldig geblieben. Soweit sie auf den beschreibenden Charakter der Markenendung “Fax” verwiesen hat, die den Verkehr veranlassen soll, diese Endung zu vernachlässigen, trifft diese Argumentation in gleicher Weise auf den Markenanfang “Tel” zu, und vermag deshalb nicht zu überzeugen. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls hat der angesprochene Verkehr daher keine Veranlassung, die angegriffene Marke allein auf Grund ihrer Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke in zwei von drei Silben ebenfalls dem Herkunfts- und Verantwortungsbereich der Widersprechenden zu-zurechnen.
Bei dieser Sachlage ist der Beschwerde der Markeninhaberin stattzugeben und der Widerspruch unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle zurückzuweisen.
Da weder die Sach-und Rechtslage noch das Verhalten der Verfahrensbeteiligten Anlass dazu gibt, einem von ihnen aus Billigkeitsgründen die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§71 Abs.1 S.1 MarkenG), verbleibt es bei der ‑11-gesetzlich bestimmten Kostenfolge des §71 Abs.1 S.2 MarkenG, wonach jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt.