Ersetzt ChatGPT bald die Beratung beim Rechtsanwalt?

In den letzten Wochen ist eines der größten Themen im IT-Bereich; ChatGPT. Was das ist, habe ich das System – den Bot – selbst gefragt. Seine Antwort:

„ChatGPT ist ein künst­licher Intel­ligenz-basiertes Sprach­modell, das von OpenAI trainiert wurde. Es verwendet moderne maschi­nelles Lernver­fahren, um mensch­liche Sprache zu verstehen und darauf zu antworten. ChatGPT kann auf eine Vielzahl von Aufgaben einge­setzt werden, einschließlich Konver­sation, Frage-Antwort, Übersetzung und Textgenerierung.“

In der Bericht­erstattung wurden viele Beispiele genannt, bei denen der Bot mehr oder weniger kluge Antworten, Texte, Gedichte oder sogar Program­mie­rungen erstellt. Soweit fand ich das alles noch inter­essant und amüsant. Als ich aber dann las, ChatGPT besteht erfolg­reich die Jura-Prüfung einer Univer­sität in Minnesota, wurde auch mein fachliches Interesse geweckt. Gleich­zeitig sah ich mich schon bald Däumchen drehen, da meine Arbeit von KI-Systemen übernommen wird. Die Antwort auf meine Frage an den Bot beruhigte mich aber nur oberflächlich:

„Nein, ChatGPT kann einen Rechts­anwalt nicht ersetzen. Es ist ein compu­ter­ge­stütztes Sprach­modell, das auf vorhan­denen Daten trainiert wurde, aber keine recht­liche Expertise besitzt. Für recht­liche Fragen oder Angele­gen­heiten ist es am besten, einen quali­fi­zierten Rechts­anwalt zu konsultieren.“

Auch auf die Frage, ob die Software das in der Zukunft könnte, wurde dies verneint.

„Es ist unwahr­scheinlich, dass künst­liche Intel­ligenz in der Lage sein wird, einen Rechts­anwalt vollständig zu ersetzen. Obwohl AI in bestimmten recht­lichen Anwen­dungen wertvolle Unter­stützung bieten kann, wie z.B. bei der Überprüfung von Verträgen oder der Vorbe­reitung von Rechts­do­ku­menten, erfordert die recht­liche Praxis in vielen Fällen ein tiefes Verständnis des Gesetzes sowie die Fähigkeit, komplexe recht­liche Probleme zu analy­sieren und zu lösen. Diese Fähig­keiten können nur durch umfas­sende Ausbildung und Erfahrung erworben werden, die AI im Moment nicht besitzt.“

Wobei der letzte Satz eine klare Einschränkung ist und genau auf das Problem verweist. In der Zukunft, wenn die Systeme „gelernt“ haben und noch besser sind, wird die Frage mögli­cher­weise anders beantwortet.

Trotzdem hat die Software eine Jura Prüfung bestanden, also entweder war diese Prüfung sehr leicht, die Prüfer sehr großzügig in der Bewertung oder die Software stapelte tief.

Daher entschied ich mich, die Software mit ein paar einfachen Fragen selber zu testen.

Wie kann ich eine deutsche Marke anmelden?

Ich habe die Frage zweimal gestellt und zweimal unter­schied­liche Antworten bekommen.

Variante A

„Eine deutsche Marke kann folgen­der­maßen angemeldet werden:
1. Überprüfen Sie die Verfüg­barkeit: Überprüfen Sie, ob die gewünschte Marke bereits von einer anderen Partei verwendet oder regis­triert wurde.
2. Stellen Sie eine Anmeldung bei dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München oder Jena ein: Dies kann online oder schriftlich erfolgen.
3. Legen Sie Beweise für Ihre Marken­nutzung vor: Übermitteln Sie dem DPMA Unter­lagen, die belegen, dass Sie die Marke bereits verwenden oder verwenden werden.
4. Bezahlen Sie die Anmel­de­ge­bühren: Bezahlen Sie die Gebühren für die Prüfung und Regis­trierung Ihrer Marke.
5. Überwachen Sie Ihre Marke: Überwachen Sie Ihre Marke regel­mäßig, um sicher­zu­stellen, dass sie nicht ohne Ihre Zustimmung verwendet wird.
Es ist empfeh­lenswert, einen quali­fi­zierten Rechts­anwalt oder Marken­ex­perten zu konsul­tieren, um sicher­zu­stellen, dass die Anmeldung korrekt ausge­führt wird und alle erfor­der­lichen Schritte und Unter­lagen vorliegen.“

Die Punkte 1 und 2 sind richtig. Dagegen ist Punkt 3 völlig falsch und bei einer deutschen Marken­an­meldung nicht erfor­derlich, insbe­sondere müssen keine Unter­lagen bezüglich der Benutzung an das Markenamt (DPMA) übermittelt werden. Die letzten beiden Punkte sind korrekt, wobei der Hinweis auf die Überwa­chung nicht wirklich zum Thema gehört.

Variante B

Diese Antwort ist umfang­reicher und eigentlich auch hilfreicher. Lediglich im letzten Punkt ist sie fehlerhaft, denn in Deutschland wird die Marke bereits regis­triert, bevor sie veröf­fent­licht wird und die Wider­spruchs­frist abgelaufen ist. Deshalb erhält man die Marken­ur­kunde bereits sehr früh und die Marke würde im Falle eines erfolg­reichen Wider­spruchs wieder gelöscht.
Noch eine Frage im Zusam­menhang mit der Anmeldung betrifft die Kosten. Auch hier ist die Antwort sehr fehlerhaft, was angesichts der Einfachheit und wahrscheinlich auch umfang­reichen Dokumen­tation im Internet überrascht.

„Die Kosten für die Anmeldung einer Marke in Deutschland hängen von verschie­denen Faktoren ab, wie z.B. der Anzahl der Klassen, für die Sie die Marke regis­trieren möchten, und ob Sie einen Rechts­anwalt oder Marken­ex­perten beauf­tragen, Ihnen bei der Anmeldung zu helfen.
Im Allge­meinen liegen die Gebühren für die Anmeldung einer Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) bei etwa 300 bis 400 Euro pro Klasse. Zusätzlich können Sie auch Anwalts­kosten für die Beratung und Vorbe­reitung Ihrer Anmeldung haben, die je nach Anwalt variieren können.
Es ist wichtig zu beachten, dass dies nur eine grobe Schätzung ist und die tatsäch­lichen Kosten für die Anmeldung einer Marke können höher oder niedriger sein. Es ist am besten, direkt beim DPMA oder einem Rechts­anwalt nach den aktuellen Gebühren zu fragen.“

Mit 290 Euro für die Online-Marken­an­meldung und 300 Euro für die klassische Anmeldung für bis zu drei Klassen und weiteren 100,00 Euro je Klasse ist das Gebüh­ren­system recht überschaubar und nicht kompliziert.

Probieren wir noch eine Frage, die wir auch häufig gestellt bekommen.

Was ist der Unter­schied zwischen einer Wortmarke und einer Wort-/Bild­marke in Deutschland?

Auch hier erhalten wir bei zwei Versuchen teilweise unter­schied­liche Antworten.

„In Deutschland gibt es zwei Haupt­typen von Marken: Wortmarken und Wort-/Bild­marken.
Eine Wortmarke besteht nur aus Text und schützt den genauen Text, unter dem ein Produkt oder eine Dienst­leistung verkauft wird. Beispiele für Wortmarken sind “Nike” für Sport­be­kleidung und “Coca-Cola” für Erfrischungsgetränke.
Eine Wort-/Bild­marke hingegen kombi­niert Text und ein Symbol oder ein Logo. Diese Marke schützt sowohl den Text als auch das Symbol oder Logo. Beispiele für Wort-/Bild­marken sind das Nike-Swoosh-Logo und das Coca-Cola-Schriftzug-Logo.
Es ist wichtig zu beachten, dass beide Typen von Marken recht­lichen Schutz genießen und den Inhaber vor Verlet­zungen durch andere Parteien schützen, die eine ähnliche Marke verwenden möchten. Es kann jedoch vorteilhaft sein, eine Wort-/Bild­marke zu regis­trieren, da sie einen breiteren Schutz bietet und das Symbol oder Logo auch visuell auf den Verkauf von Produkten oder Dienst­leis­tungen hinweist.“

Hier ist nur der letzte Satz falsch, denn den breiteren Schutz bietet die Wortmarke, die jede Darstel­lungsform der Zeichen­folge abdeckt, während dies bei der Wort-/Bild­marke auf die konkrete grafische Gestaltung der regis­trierten Marke beschränkt ist.

In der zweiten Variante wird es jedoch deutlich fehler­hafter, neben dem angeblich höheren Schutz, wird hier noch ergänzt, es sei schwie­riger, eine Wort-/Bild­marke anzumelden, was genauso falsch ist, wie die Aussage, die Regis­trierung sei teurer. Dem entgegen weist sie aber korrekt darauf hin, dass der Schutz sich auf die Worte in der angege­benen Form beschränkt.

Eine Gegen­über­stellung beider Marken­arten finden Sie hier «Wort-/Bild­marke und Wortmarke im Vergleich»

Als letztes habe ich mich gefragt, ob die KI bereits Ähnlich­keiten zwischen Marken bewerten kann und hier eine aussa­ge­kräftige Antwort gibt, dann könnte ich meine täglichen Kurzgut­achten von ihr schreiben lassen.

Besteht zwischen der Marke “Adidas” und “Addidos” eine Verwechslungsgefahr?

Die Antwort ist sehr klar und im Kern richtig.

“Ja, es besteht eine Verwechs­lungs­gefahr zwischen der Marke “Adidas” und “Addidos”.
Die Marke “Adidas” ist eine gut etablierte und bekannte Marke für Sport­be­kleidung und ‑ausrüstung. Wenn eine andere Marke, wie “Addidos”, eine ähnliche Aussprache und Schreib­weise hat, besteht die Gefahr, dass Verbraucher die beiden Marken verwechseln und annehmen, dass “Addidos” Teil von “Adidas” ist oder ein ähnliches Produkt anbietet.
In diesem Fall sind die Marken “Adidas” und “Addidos” so ähnlich, dass sie leicht verwechselt werden können und ein durch­schnitt­licher Verbraucher könnte denken, dass die beiden Marken mitein­ander verbunden sind oder dass es sich um eine andere Version desselben Produkts handelt. Aus diesem Grund würde das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) wahrscheinlich die Anmeldung der Marke “Addidos” ablehnen, da sie eine Verwechs­lungs­gefahr mit der bereits regis­trierten Marke “Adidas” darstellt.“

Aller­dings ist der letzte Abschnitt falsch, denn das DPMA führt gerade keine eigene Recherche nach identi­schen oder ähnlichen Marken durch, sondern prüft nur, ob die Marke schutz­fähig ist. Wenn ein Dritter meint, die Marke sei zu ähnlich zu seiner älteren Marke, dann muss er Wider­spruch einlegen und erst dann erfolgt eine Prüfung durch das Markenamt. Ein Frage nach ähnlichen Marken zu einer konkreten Marke konnte der Bot gar nicht beantworten.

Fazit: Aktuell muss ich mir noch keine Sorgen um meinen Job machen und kann beruhigt meine Mandanten weiter beraten und auch Marken­gut­achten zu identi­schen und ähnlichen Marken schreiben. Im Gegenteil, noch leistet sich die KI so grobe Fehler, dass es fahrlässig wäre, sich auf ihre Antworten zu verlassen. Also doch lieber zum Anwalt gehen.