EUG: „Fack Ju Göhte“ ist für das Europäische Markenamt zu vulgär

Der Versuch die Marke „Fack Ju Göhte“ als Unions­marke anzumelden ist wohl endgültig gescheitert, sollte sich nicht der EUGH noch damit befassen. Constantin Film hat im Jahr 2015 parallel zum Film beim Europäi­schen Markenamt (EUIPO) die Wortmarke „Fack Ju Göhte“ für eine Vielzahl von Waren und Dienst­leis­tungen angemeldet. Das Amt wies die Marken­an­meldung aber aufgrund absoluter Eintra­gungs­hin­dernis zurück, denn meinte die Marke würde gegen die öffent­liche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen und damit gem. Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 nicht eintra­gungs­fähig sein. Diese Auffassung bestä­tigte die Beschwer­de­kammer des EUIPO und nun auch das Gericht der Europäi­schen Union (EuG) mit Urteil vom 24.01.2018 (T‑69/17).

Auch wenn manche Boule­vard­zeitung schon wieder das Abendland bedroht sieht und von Kultur­zensur spricht, so schlimm ist es nicht. Die Filme dürfen weiterhin so heißen und sind auch im Rahmen des Titel­schutzes geschützt. Lediglich der Marken­schutz wurde der Wortfolge „Fack Ju Göhte“ verwehrt. Das nun Uhren, Kosmetik oder Kaffee nicht mit der Marke „Fack Ju Göhte“ gekenn­zeichnet werden dürfen erscheint weniger drama­tisch – oder? Wer braucht schon Spielzeug das mit der Marke „Fack Ju Göhte“ verkauft wird – niemand.

Das EUIPO und schließlich das Gericht haben darauf abgestellt, dass die gewählte Wortfolge zumindest in einem Teil der Europäi­schen Union gegen die guten Sitten verstößt. Dabei wird in der Entscheidung wohl zu Recht davon ausge­gangen das der durch­schnitt­liche Verbraucher erkennt, dass das angemeldete Zeichen dem häufig verwen­deten und weit verbrei­teten engli­schen Ausdruck „fuck you“ ähnlich ist, dem der Bestandteil „Göhte“ hinzu­gefügt wurde, der dem Famili­en­namen des Schrift­stellers und Dichters Johann Wolfgang von Goethe ähnlich ist. Dass es sich zum einen bei dem angemel­deten Zeichen um eine lautschrift­liche Übertragung des dem deutsch­spra­chigen Publikum allgemein bekannten engli­schen Ausdrucks „fuck you“ ins Deutsche handelt und zum anderen um Johann Wolfgang von Goethe ein in Deutschland und Öster­reich sehr geschätzter Dichter und Schrift­steller ist für die deutsch­spra­chigen Verkehrs­kreise leicht erkennbar.

Das Gericht sieht in dieser Wortfolge einen vulgären Ausdruck und begründet dies wie folgt:

„Der Begriff „fuck“ wird sowohl als Nomen, als auch als Adjektiv, Adverb und Inter­jektion verwendet, und wie bei den meisten gebräuch­lichen Wörtern entwi­ckelt sich sein Sinn im Laufe der Jahre und hängt vom Zusam­menhang ab, in dem er verwendet wird. Wenn dem engli­schen Ausdruck „fuck you“ in seiner ureigenen Bedeutung also eine sexuelle Bedeutung beizu­messen und er von Vulga­rität geprägt ist, so wird er doch auch, wie von der Beschwer­de­kammer übrigens in Betracht gezogen wurde, in einem anderen Zusam­menhang verwendet, um Wut, Enttäu­schung oder Missachtung gegenüber einem anderen zum Ausdruck zu bringen. Aber selbst in einem solchen Fall bleibt dieser Ausdruck durch eine ihm innewoh­nende Vulga­rität geprägt und der am Ende des in Rede stehenden Zeichens hinzu­ge­fügte Bestandteil „Göhte“ ermög­licht zwar eine Bestimmung des „Adres­saten“ der Wörter am Anfang des Zeichens, ist aber nicht geeignet, die Vulga­rität abzumildern.“

Der englische Ausdruck „fuck you“ und somit das angemeldete Zeichen insgesamt ist nach Ansicht der Richter natur­gemäß vulgär und die maßgeb­lichen Verkehrs­kreise können daran Anstoß nehmen.

Die Vertei­digung der Marken­an­mel­derin, dass die Marke im Zusam­menhang mit dem Film „Fack Ju Göhte“ scherzhaft auf den gelegent­lichen Schul­frust der Schüler hinweise und dafür eine Wortkom­bi­nation verwende, die jugend­lichen Slang aufgreife, lasst das Gericht nicht gelten. Zudem bestätigt es auch – und das sollte sich mancher Journalist genau ansehen, dass im Bereich der Kunst, der Kultur und der Literatur stets der Schutz der freien Meinungs­äu­ßerung angestrebt wird, der im Bereich des Marken­rechts aber gerade nicht besteht.

Auch das Argument, dass es sich um Begriffe handelt, die heute in der Jugend­sprache üblich geworden zu scheinen, überzeugt das Gericht nicht und es verweist darauf, dass der angespro­chene Verkehrs­kreis gerade nicht nur Jugend­liche anspricht, sondern auch ältere Personen. Es muss die durch­schnitt­liche Empfind­lich­keits- und Toleranz­schwelle zugrunde gelegt werden.

Im Ergebnis ist die Entscheidung, dass das angemeldete Zeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 nicht eintra­gungs­fähig ist, nicht beanstanden, denn es geht nicht um die Kunst­freiheit, sondern um die kommer­zielle Nutzung der Bezeichnung als Marke und hier ist auf alle abzustellen und eben nicht nur auf Jugend­liche. Das Anstands­gefühl eines durch­schnitt­lichen Verbrau­chers ist relevant und es beruhigt fast, wenn die Richter insoweit diese Wortfolgte noch als anstößig im Zusam­menhang mit der Vermarktung von Waren und Dienst­leis­tungen erachten. Es ist eben noch nicht normal, dass Produkte mit „Fuck You“ – auch wenn es leicht falsch geschrieben wird, gekenn­zeichnet werden.

Damit ist es im Übrigen nicht verboten den Film weiter so zu nennen oder diese Bezeichnung zu verwenden, darum ging es in der Entscheidung nicht.

Es wird für die die Produk­ti­ons­firma Constantin Film damit etwas schwerer der Erfolg des Filmes durch ein umfas­sendes Merchan­dising-Geschäft zu vergolden und andere davon wirksam ausschließen, die Wortfolge „Fack ju Göhte“ kommer­ziell zu nutzen. Das nicht übliche Mittel der Wahl dafür — der Marken­schutz für die Bezeichnung – ist zumindest gescheitert.