BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2008 060 471
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2014 beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die am 18. September 2008 angemeldete Wortmarke
AquaDuplo
wurde am 20. März 2009 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen und ist am 24. April 2009 unter der Nr. 30 2008 060 471 für folgende Waren veröffentlicht worden:
„Klasse 11: Heizkörper und Heizungen und daraus bestehende Flächenheizungen für Boden, Wand oder Decken“.
Dagegen hat die Inhaberin der am 16. April 2008 in das Markenregister unter der Nr. 30 2008 014 177 eingetragenen Wortmarke
Duplo
Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für folgende Waren:
„Klasse 11: Sanitäre Anlagen (soweit in Klasse 11 enthalten); Wasserleitungsanlagen, Bade- und Duschwannen; Sanitärkeramik, nämlich Waschbecken, Duschwannen, Badewannen, Toilettenschüsseln, Urinale; Bade- und Duschwannenabtrennungen, vornehmlich bestehend aus Glas und/ oder Kunststoffplatten in Verbindung mit Metallprofilen, Duschkabinen (komplett)“.
Die Markenstelle für Klasse 11 des DPMA hat mit zwei Beschlüssen vom 7. Mai 2010 und vom 19. März 2012, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch zurückgewiesen. Dabei hat der Erstprüfer in dem Markenwort „Duplo“ eine beschreibende Angabe gesehen und deswegen die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als so gering eingestuft, dass eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werde könne. Dagegen hat der Erinnerungsprüfer eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke angenommen mit der Begründung, dass die konkrete Bedeutung der Sachangabe „doppelt“ oder „zweifach“ im Zusammenhang mit den für die Widerspruchsmarke beanspruchten Waren „unklar, vage und verschwommen“ bleibe. In der Gesamtwahrnehmung könne die angegriffene Marke jedoch schon deswegen nicht von dem mit der Widerspruchsmarke identischen Wortbestandteil „Duplo“ geprägt werden, weil es sich bei „AquaDuplo“ um ein einheitliches Phantasiewort ohne eindeutige Begrifflichkeit handele. Dem Wortbestandteil „Duplo“ komme in der Gesamtheit der angegriffenen Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr liege ebenfalls nicht vor.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde
Die Widersprechende meint, dass Verwechslungsgefahr vorliege. Dabei geht sie von einer durchschnittlichen Warenähnlichkeit und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus. Der angesprochene Verkehr werde
in dem Markenwort „Duplo“ keine Sachaussage erkennen, weil dem Verkehr weder der lateinische Ursprung dieses Wortes bekannt sei, noch die Entsprechungen im Spanischen und im Portugiesischen. Damit werde „Duplo“ in der angegriffenen Marke zum prägenden Element, denn der weitere Wortbestandteil der angegriffenen Marke, „Aqua“, werde bloß beschreibend und deswegen als kennzeichnungsschwach wahrgenommen, so dass dieses Wortelement in der Wahrnehmung des Verkehrs hinter „Duplo“ zurücktrete. Die angegriffene Marke sei also aus der kennzeichnungskräftigen älteren Marke und einem weiteren nicht kennzeichnungsfähigen Wortelement gebildet worden, was sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als auch nach der des Gerichts der Europäischen Union zu einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr führe.
Die Widersprechende hat beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2010 und vom 19. März 2012 aufzuheben und die Marke 30 2008 060 471 – AquaDuplo — wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2008 014 177 – Duplo — zu löschen.
Der ordnungsgemäß geladene Markeninhaber ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen, schriftsätzlich hat er beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Markeninhaber hat im patentamtlichen Verfahren die Auffassung vertreten, die Widerspruchsmarke sei schutzunfähig, was sich schon daraus ergebe, dass eine von ihm angestrebte, gleichlautende Markenanmeldung für Klasse 11 (Nr. 307813584 – Duplo) im Jahr 2007 vom DPMA wegen Eintragungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil zwischen den Kollisionszeichen keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht und dementsprechend der Widerspruch gegen die angegriffene Marke zurückzuweisen war, §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei sind zunächst — und zwar unabhängig voneinander — Feststellungen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, zur Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sowie zur Ähnlichkeit der Vergleichszeichen zu treffen. Bei einer abschließenden Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass die vorgenannten Faktoren in einem Verhältnis der Wechselwirkung zueinander stehen, so dass ein geringerer Grad des einen Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) — Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, 345 (Nr. 48) — Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2008, 905, 905 (Nr. 12) — Pantohexal). Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass schutzunfähige Zeichen und Angaben für sich gesehen nicht Grundlage einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr sein können, insbesondere der Schutzbereich von Marken, die nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen oder an freihaltungsbedürftige Angaben angelehnt sind, eng zu bemessen ist und sich auf die jeweilige eintragungsbegründende Eigenprägung beschränkt (vgl. BGH GRUR 2010, 835, 837 — POWER BALL; GRUR 2010, 729, 731 — MIXI; GRUR 2008, 905, 907 — Pantohexal; GRUR 2008, 909, 910 — Pantogast; GRUR 2008, 1002, 1004 — Schuhpark).
Hier können sowohl die Widerspruchsmarke als auch die angegriffene Marke für die beanspruchten Waren als unmittelbar beschreibende Angabe dienen.
Die Waren der angegriffenen Marke in Klasse 11 „Heizkörper und Heizungen und daraus bestehende Flächenheizungen für Boden, Wand oder Decken“ sind mit den Waren „Sanitäre Anlagen“ und „Wasserleitungsanlagen“ der Widerspruchsmarke teilweise identisch, mindestens aber durchschnittlich ähnlich aufgrund funktioneller Zusammenhänge, gleicher Bestandteile und übereinstimmender Vertriebswege. Heizungsanlagen, zumal Flächenheizung enthalten typischerweise auch Leitungen für Wasser. Sanitär- und Heizungsanlagen werden am Markt auch von denselben Herstellern angeboten. Der angesprochene Verkehr besteht hinsichtlich der im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren der Kollisionsmarken sowohl aus dem Fachverkehr, nämlich dem Handel sowie gewerblichen Abnehmern, als auch aus dem allgemeinen Endverbraucher.
Trotz der bestehenden Warenähnlichkeit und der teilweisen Übereinstimmung der Zeichen besteht vorliegend keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Duplo“ ist stark geschwächt.
Die Angabe „Duplo“ ist vom lateinischen Adjektiv „duplus,-a, ‑um“ abgeleitet, welches übersetzt „zweifach, doppelt“ bedeutet (vgl. nur PONS, Latein-Deutsch, Wörterbuch für Schule und Studium, 2003, S. 284). In der spanischen und der portugiesischen Sprache, beides bedeutsame Handelssprachen, bedeutet „duplo“ übersetzt ebenfalls „doppelt“ (vgl. Langenscheidt Handwörterbuch Spanisch, 2006 S. 285; Langenscheidt, Grundwortschatz Portugiesisch, S. 265). In der englischen Sprache hat das sehr ähnliche Wort „duple“ dieselbe Bedeutung (vgl. Langenscheidt, Großwörterbuch Englisch, 2010, S. 311). In der deutschen Sprache sind die Begriffe „Duplikat“, „Duplizität“, „Duplizieren“, „Duplik“, „Duplum“ sowie „duplex“ (vgl. Duden-Online, http://www.duden.de/woerterbuch) bekannt, die ebenfalls auf den lateinischen Ursprung zurückzuführen sind. Aufgrund dieser Ähnlichkeit mit Begriffen der deutschen Sprache, mit der Bedeutung, dass etwas doppelt/ zweifach vorhanden ist oder (mindestens) verdoppelt wird, ist der Senat nach seinen Feststellungen davon überzeugt, dass der angesprochene inländische Verkehr, insbesondere der allgemeine Endverbraucher, die Angabe „Duplo“ – auch dann, wenn er, wie die Widersprechende meint, nicht ausreichend der spanischen oder portugiesischen Sprache mächtig ist oder nicht über Lateinkenntnisse verfügt — in Zusammenhang mit den sich hier gegenüberstehenden Vergleichswaren ohne weiteres Nachdenken oder analysierende Betrachtungsweise in erster Linie als warenbezogenen Sachhinweis in der Richtung verstehen wird, dass die Ware in irgendeiner Weise „doppelt“ oder „zweifach“ ausgestaltet ist, und nicht als Hinweis auf das Herkunftsunternehmen.
Nicht erforderlich ist dabei, dass sich diese Sachangabe auf ein wichtiges Merkmal der Ware bezieht und ob die betreffenden Waren diese Eigenschaft tatsächlich besitzen (vgl. Ströbele/ Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 290 f.). Die beanspruchten Waren können, wie sich beispielhaft aus den in der mündlichen Verhandlung überreichten Belegen ergibt (s. Prot. d. mdl. Vdlg. vom 28.1.2014), in verschiedener Weise doppelt vorhanden oder zweifach ausgestattet sein, z. B. können „Wasserleitungsanlagen“ in Form von Heizungssystemen mit zweifachen Rohrleitungen oder doppelwandigen Rohren versehen sein. Auch „Sanitäre Anlagen“ können zwei Funktionen besitzen, z. B. über doppelte Anschlüsse verfügen oder aus zwei unterschiedlichen Teilen oder Werkstoffen bestehen. Die Angabe „Duplo“ mit der Bedeutung „doppelt“ ist auch nicht vage oder verschwommen, sondern eine eindeutig verständliche Sachaussage. Es kommt dabei nicht entscheidend darauf an, dass der Verkehr nicht weiß, was unter einer doppelten „Wasserleitungsanlage“ bzw. „Sanitären Anlage“ zu verstehen ist, sondern ob er die ihm verständliche Angabe „Duplo“ i. S. v. „doppelt, zweifach“ im Zusammenhang mit den betroffenen Waren als Hinweis auf irgendein Herkunftsunternehmen auffasst, oder – wie hier – als Sachhinweis darauf, dass ein bestimmtes, bei verschiedenen Waren möglichweise unterschiedliches Merkmal der Ware oder die Ware selbst z. B. doppelt vorhanden, ausgestattet etc. ist.
Bei dieser Ausgangslage ist eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr auch bei sehr ähnlichen und teilweise identischen Waren bereits bei einem geringen Zeichenabstand ausgeschlossen.
Schriftbildlich, klanglich und begrifflich enthält die angegriffene Marke das zusätzliche Element „Aqua“, welches in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet. Zwar wäre dieser Wortbestandteil in Alleinstellung eine glatte Sachangabe, mit der allgemeinverständlich auf Wasser hingewiesen würde (vgl. z. B. „Aquarium“, „Aquakultur“, „Aquaplaning“, s. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl., S. 173), mit dem die für die angegriffene Marke beanspruchten Waren typischerweise betrieben werden können. Gleichwohl kann der weitere – mit der Widerspruchsmarke identische – Wortbestandteil „Duplo“ gegenüber „Aqua“ im maßgeblichen Gesamteindruck nicht überwiegen. Denn auch „Duplo“ hat starke beschreibende Anklänge und wird deswegen in der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise in der angegriffenen Marke nicht stärker ins Gewicht fallen als der erste Wortbestandteil „Aqua“. Vielmehr treten die beiden Wortbestandteile in der angegriffenen Marke „AquaDuplo“ dem Publikum als eine sich gegenseitig inhaltlich ergänzende gesamtbegriffliche Einheit gegenüber.
Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr, etwa durch gedankliches Inverbindungbringen liegt nicht vor. Der vom Verkehr als beschreibende Angabe wahrgenommene, in beiden Vergleichszeichen vorhandene Begriff „Duplo“ ist wegen seiner bereits erörterten beschreibenden Bedeutung weder als Serienbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden noch als Unternehmenskennzeichen, welches von einer jüngeren Marke aufgegriffen werden kann, geeignet.
Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.