Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass der Geschmack eines Lebensmittels kein Werk im Sinne des Urheberechts darstellt. Gestritten haben sich zwei niederländische Unternehmen über was wohl – natürlich Käse.
„Heksenkaas“ ist ein streichfähiger Dip mit Frischkäse und frischen Kräutern, das 2007 von einem niederländischen Einzelhändler für Gemüse und Frischprodukte entwickelt wurde. Die geistigen Eigentumsrechte an diesem Produkt wurden vom Einzelhändler auf den derzeitigen Rechtsinhaber Levola, ein Unternehmen nach niederländischem Recht, übertragen.
Seit Januar 2014 produziert Smilde, ein Unternehmen nach niederländischem Recht, ein Produkt mit dem Namen “Witte Wievenkaas” für eine Supermarktkette in den Niederlanden.
Da Levola der Ansicht war, dass die Produktion und der Verkauf von “Witte Wievenkaas” gegen sein Urheberrecht an dem “Heksenkaas” verstößt, forderte es die niederländischen Gerichte auf, Smilde zu verurteilen, die Produktion und den Verkauf dieses Produkts einzustellen. Levola behauptet, dass der Geschmack von “Heksenkaas” ein urheberrechtlich geschütztes Werk ist und dass der Geschmack von “Witte Wievenkaas” eine Reproduktion dieses Werks sei.
In der Berufungssache hat der Gerechtshof Arnhem-Leeuwarden (Landgericht Arnhem-Leeuwarden, Niederlande) den Gerichtshof gefragt, ob der Geschmack eines Lebensmittels durch die Urheberrechtsrichtlinie geschützt werden kann.
In seinem Urteil vom 13. November 2018 stellt der Gerichtshof klar, dass der Geschmack eines Lebensmittels, um nach der Richtlinie urheberrechtlich geschützt zu sein, als “Werk” im Sinne der Richtlinie eingestuft werden müsste. Die Klassifizierung als “Werk” setzt zunächst voraus, dass es sich bei dem betreffenden Gegenstand um eine originelle geistige Schöpfung handelt. Zweitens muss es einen “Ausdruck” dieser ursprünglichen intellektuellen Schöpfung geben.
Gemäß verschiedenen internationalen Verträgen und Übereinkommen kann der Urheberrechtsschutz für Ausdrücke gewährt werden, nicht aber für Ideen, Verfahren, Funktionsweisen oder mathematische Konzepte als solche.
Damit es ein “Werk” im Sinne der Richtlinie geben kann, muss der urheberrechtlich geschützte Gegenstand so ausgedrückt werden, dass er mit ausreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar ist.
In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass der Geschmack eines Lebensmittels nicht mit Präzision und Objektivität identifiziert werden kann. Im Gegensatz zu z.B. einem literarischen, bildlichen, kinematographischen oder musikalischen Werk, das ein präziser und objektiver Ausdruck ist, wird der Geschmack eines Lebensmittels im Wesentlichen auf der Grundlage von Geschmackserlebnissen und Erfahrungen, die subjektiv und variabel sind, ermittelt.
Sie hängen unter anderem von Faktoren ab, die für die Person, die das Produkt probiert, besonders wichtig sind, wie Alter, Ernährungspräferenzen und Konsumgewohnheiten sowie die Umwelt. oder Kontext, in dem das Produkt konsumiert wird.
Darüber hinaus ist es nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Entwicklung nicht möglich, durch technische Maßnahmen eine genaue und objektive Identifizierung des Geschmacks eines Lebensmittels zu erhalten und so den Geschmack anderer Produkte der gleichen Art zu unterscheiden.
Dementsprechend kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass der Geschmack eines Lebensmittels nicht als ein Werk eingestuft werden kann und daher nach der Richtlinie nicht urheberrechtlich nicht geschützt ist.