Dash-Cams sind kein Beweismittel

Die Aufzeich­nungen einer Auto-Video­kamera (einer sog. “Car-Cam”, “Dash-Cam”, “Auto-Blackbox” oder “On-Board-Kamera”) werden nicht immer als Beweis­mittel zugelassen und verletzen unter Umständen die Persön­lich­keits­rechte der Gefilmten.

Die aus Russland bekannten “Dashcams” erfreuen sich auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Nicht zuletzt die spekta­ku­lären Aufnahmen vom Meteor von Tschel­ja­binsk haben die Verkaufs­zahlen dieser Geräte rasant ansteigen lassen. Hersteller wie Händler der kleinen, fest an der Windschutz­scheibe oder dem Armatu­ren­brett instal­lierten Kameras, werben damit, dass im Falle eines Verkehrs­un­falls, dessen Hergang gerichtsfest dokumen­tiert wird. Doch ob diese privaten Video­über­wa­chungs­systeme rechtlich erlaubt sind, ist umstritten.

Bereits ein Blick in unsere Nachbar­länder zeigt, dass die Frage nicht einhellig beant­wortet wird. So ist der Einsatz der Mini-Kameras in Frank­reich, Dänemark, Italien wie in den Nieder­landen erlaubt, während dieser in Öster­reich, Belgien und Luxemburg ausdrücklich verboten ist. In Deutschland, wie auch in der Schweiz, ist die Rechtslage bisweilen noch unklar. Bedenken bestehen vorrangig im Hinblick auf den Daten­schutz und die Persön­lich­keits­rechte derer, die ohne es zu wissen, im öffent­lichen Raum gefilmt werden.

In Deutschland ist die daten­schutz­recht­liche Zuläs­sigkeit der Aufnahmen und deren Verwert­barkeit als Beweis­mittel vor Gericht umstritten.
So hatte das Amtsge­richt München in seinem Urteil vom 06.06.2013 (AZ: 343 C 4445/13) die private Video­auf­zeichnung eines Fahrrad­fahrers als Beweis­mittel im Prozess zugelassen. Das Gericht führte zur Frage der Zuläs­sigkeit der Video­ver­wertung aus, es käme hierfür auf die Inter­essen beider Parteien an, die gegen­ein­ander abzuwägen waren. Hier führte die Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Verwertung des Videos als Beweis­mittel zulässig war. Das Gericht stellte darauf ab, dass der Radfahrer im Zeitpunkt der Aufnahme mit dem Video noch keinen bestimmten Zweck verfolgt hatte, insbe­sondere aber nicht die Veröf­fent­li­chung der Aufnahmen bezweckte. Das Gericht stellte ebenfalls fest, dass es keinen Unter­schied mache, ob Fotos und Videos erst nach einem Unfall zur Beweis­si­cherung des Unfall­her­gangs gemacht werden, oder bereits angefer­tigte Aufzeich­nungen nun mit dieser Zielrichtung verwertet werden.

Nunmehr geht die Recht­spre­chung von der Unzuläs­sigkeit derar­tiger Aufnahmen aus.

So hatte das Verwal­tungs­ge­richt Ansbach (AZ: AN 4 K 13.01634) zwar das behörd­liche Verbot einer solchen Dashcam gegen einen Autofahrer aufge­hoben. Dies war jedoch allein auf Formfehler der Behörde zurück­zu­führen. In diesem Fall hatte der Autofahrer mehrere Verkehrs­ver­stöße anderer Verkehrs­teil­nehmer aufge­zeichnet, die Aufnahmen der Polizei vorgelegt und Anzeige erstattet. Sachlich sah das Gericht die Daten­schutz­be­hörde im Recht. Die Aufnahmen dürfen nicht in der Absicht gemacht werden, diese im Internet zu Veröf­fent­lichen oder, wie hier, Dritten zu übermitteln. Hier sei ersichtlich, dass die Video­auf­nahmen zum Zwecke der Anzeige bei der Polizei angefertigt wurden. Die Daten­schutz­in­ter­essen der heimlich Gefilmten seien höher zu bewerten als das Interesse des Autofahrers an einem Video­beweis. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Aufnahmen einer Dashcam ausschließlich zu rein privaten Zwecken erlaubt sind. Freilich sind die Aufnahmen dann auch nicht als Beweis­mittel zugelassen, da dies der Veröf­fent­li­chung gleichkommt.

In seinem Hinweis­be­schluss vom 13. August 2014 (AZ: 345 C 5551/14) hatte das Amtsge­richt München erneut in der Frage der Zuläs­sigkeit der umstrit­tenen Dashcam-Aufnahmen zu entscheiden. Ausgangs­punkt im zugrun­de­lie­genden Prozess war die Frage, ob die Aufnahmen einer Dashcam als Beweis­mittel verwertbar sind. Das Gericht führte hierzu erneut aus, dass die Verwert­barkeit solcher Aufnahmen von den jeweils schutz­wür­digen Inter­essen der Parteien abhängt, die gegen­ein­ander abzuwägen sind. Anders als noch im Fall des Radfahrers, bezog das Gericht nun mit ein, dass verbots­widrig erlangte Beweis­mittel nur in beson­deren Ausnah­me­fällen verwertbar seien. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass durch die perma­nente, anlasslose Überwa­chung des Straßen­ver­kehrs durch eine Dashcam, gegen das Bundes­da­ten­schutz­gesetz, das Kunst­ur­he­ber­gesetz als auch und insbe­sondere gegen das grund­ge­setzlich verbürgte Recht auf infor­ma­tio­nelle Selbst­be­stimmung als allge­meines Persön­lich­keits­recht verstoßen wird. Das Interesse an der Sicherung von Beweis­mitteln, im Falle möglicher Verkehrs­un­fälle, tritt hinter dem Allge­meinen Persön­lich­keits­recht der so Aufge­zeich­neten deutlich zurück. Beachtlich ist hier, dass das Gericht die Hürden für eine Auswertung der Aufzeich­nungen deutlich höher angelegt hat, als noch im Radfahr­erfall ein Jahr zuvor. Es bleibt abzuwarten, ob diese Einschätzung in der Frage künftig auch höchst­rich­ter­liche Bestä­tigung erfährt.

Da es entscheidend darauf ankommt, welche Inter­essen sich im konkreten Einzelfall gegen­über­stehen, verbleibt der Einsatz der Dashcams und die Auswertung der Aufnahmen weiterhin in der recht­lichen Grauzone. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetz­geber hier einer kasuis­ti­schen Recht­spre­chung zuvor­kommt und die Frage selbst ausdrücklich regeln wird.