Video­über­wa­chung von Angestellten kann teuer werden

In einem von uns über zwei Instanzen geführten arbeits­ge­richt­lichen Verfahren wurde unserer Mandanten wegen rechts­wid­riger Verletzung ihres allge­meinen Persön­lich­keits­rechts ein Entschä­di­gungs­an­spruch in Höhe von EUR 5.000,00 zugesprochen. Die Richter gelangten zu dem Ergebnis, dass die verklagte Arbeit­ge­berin durch eine perma­nente Video­über­wa­chung am Arbeits­platz das absolut geschützte Rechtsgut des allge­meinen Persön­lich­keits­rechts in der Ausge­staltung des Rechts am eigenen Bild wider­rechtlich in erheb­licher Weise verletzt.

Die von uns vertretene Klägerin war bei der Beklagten, die sechs Frisier­salons betreibt, als Friseur­meis­terin beschäftigt. Nachdem es in dem Salon, in dem die Klägerin tätig war, zu einem nächt­lichen Einbruchs­versuch gekommen war, ließ der Geschäfts­führer der Beklagten im Eingangs­be­reich eine Video­kamera instal­lieren und am Eingang einen entspre­chenden Hinweis­auf­kleber anbringen. Nach zwei weiteren nächt­lichen Einbruchs­ver­suchen instal­lierte die Beklagte zwei weitere Kameras, wodurch sich der gesamte öffentlich zugäng­liche Bereich des Salons überwachen ließ. Die drei Kameras liefen in der Folgezeit 24 Stunden pro Tag. Eine schrift­liche Einver­ständ­nis­er­klärung der Klägerin für Video­auf­nahmen während der Arbeitszeit holte die Beklagte unstreitig nicht ein. Ob die Klägerin mündlich einwil­ligte, blieb strittig.

Nach Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses machte die Klägerin außer­ge­richtlich die Zahlung einer Entschä­digung in Höhe von EUR 7.500,00 aufgrund der Video­über­wa­chung geltend. Die Beklagte lehnte eine Zahlung vollum­fänglich ab, sodass der Entschä­di­gungs­an­spruch klage­weise weiter­ver­folgt wurde.

Das Arbeits­ge­richt Berlin (Az.: 4 Ca 9343/14) bejahte einen Entschä­di­gungs­an­spruch und verur­teilte die Beklagte daraufhin zur Zahlung einer Entschä­digung in Höhe von EUR 5.000,00. Zu den Anspruchs­vor­aus­set­zungen führte das ArbG folgen­der­maßen aus:

„Ein Anspruch auf Geldent­schä­digung wegen Verletzung des allge­meinen Persön­lich­keits­rechts setzt voraus, dass eine schwer­wie­gende Verletzung des allge­meinen Persön­lich­keits­rechts vorliegt, bei welcher die Beein­träch­tigung nach der Art der Verletzung nicht in anderer Weise durch Genug­tuung, Unter­lassung, Gegen­dar­stellung oder Widerruf befrie­digend ausge­glichen werden kann. … Das hängt insbe­sondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner vom Anlass und Beweg­grund des Handelnden sowie von dem Grad des Verschuldens ab. Dabei zählt zum allge­meinen Persön­lich­keits­recht auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbst­be­stim­mungs­recht eines jeden Menschen, darüber zu entscheiden, ob Filmauf­nahmen von ihm gemacht und mögli­cher­weise gegen ihn verwendet werden. Das Recht am eigenen Bild ist nicht auf bestimmte Örtlich­keiten beschränkt.“

Im hier gegen­ständ­lichen Fall bejahte das ArbG zunächst einen schwer­wie­genden Eingriff in das allge­meine Persön­lich­keits­recht der Klägerin, da in einem Zeitraum von rund einem halben Jahr einer perma­nenten Video­über­wa­chung während der Arbeitszeit ausge­setzt war.

Anschließend stellte das ArbG nach Durch­führung einer Güter­ab­wägung unter Berück­sich­tigung der Umstände des Einzel­falls fest, dass der schwer­wie­gende Eingriff auch rechts­widrig und schuldhaft war. Die von der Beklagten zur Recht­fer­tigung der Video­über­wa­chung angege­benen Gründe seien nicht so gewichtig, dass sie die erheb­liche Verletzung des Persön­lich­keits­rechts der Klägerin aufwiegen könnten, so die Richter. Insbe­sondere sei nicht nachvoll­ziehbar, wieso sich aus Einbruchs­ver­suchen außerhalb der Geschäfts­zeiten die Notwen­digkeit ableiten lassen soll, die Geschäfts­räume des Salons auch tagsüber zu überwachen. Weiter sei die Video­über­wa­chung in dieser Form auch unver­hält­nis­mäßig im Sinne des § 6 b BDSG (Bundes­da­ten­schutz­gesetz), wonach die Beobachtung öffentlich zugäng­licher Räume mit optisch-elektro­ni­schen Einrich­tungen (Video­über­wa­chung) nur zulässig ist, soweit sie zur Aufga­ben­er­füllung öffent­licher Stellen, zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berech­tigter Inter­essen für konkret festge­legte Zwecke erfor­derlich ist und keine Anhalts­punkte bestehen, dass schutz­würdige Inter­essen der Betrof­fenen überwiegen.

Da gemäß §§ 1, 4 a Abs. 1 Satz 3 BDSG die erfor­der­liche Einwil­ligung in die Erhebung, Verar­beitung und Nutzung perso­nen­be­zo­gener Daten der Schriftform bedarf, kam es auf die streitige Tatsache, ob die Klägerin mündlich einwil­ligte, nicht an. Eine schrift­liche Einwil­ligung lag unstreitig nicht vor.

Zur Höhe der Entschä­digung führte das ArbG aus, dass der Gesichts­punkt der Genug­tuung des Opfers, der Präven­ti­ons­ge­danke sowie die Inten­sität der Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung Bemes­sungs­fak­toren darstellen. Als Kompen­sation und auch als Prävention sah das Arbeits­ge­richt in diesem Zusam­menhang einen Entschä­di­gungs­betrag in Höhe von EUR 5.000,00 als angemessen an.

Gegen die Entscheidung des Arbeits­ge­richts Berlin legte die Beklagte beim Landes­ar­beits­ge­richt Berlin-Brandenburg Berufung ein (Az.: 9 Sa 555–15). Nachdem das LAG im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hinwies, dass es das erstin­stanz­liche Urteil für fehlerfrei erachte, nahm die Beklagte die Berufung aus Kosten­gründen zurück, wodurch die Entscheidung des Arbeits­ge­richts rechts­kräftig wurde.

Hinweis: Sollten Sie als Arbeit­nehmer von Überwa­chungs­maß­nahmen betroffen sein bzw. als Arbeit­geber in rechtlich zuläs­siger Weise Maßnahmen ergreifen wollen, nehmen Sie mit uns Kontakt auf.