Unter­neh­mens­straf­recht: Compliance für den Mittel­stand 2014

2014 konfron­tiert den Mittel­stand mit einem sogenanntes Verband­straf­ge­setzbuch. Die SPD regierten Bundes­länger planen ein Straf­ge­setzbuch für Unter­nehmen. Deutsche Unter­nehmen, die nach der derzei­tigen Straf­recht Geld waschen oder die Umwelt verschmutzen werden nicht bestraft —  nur einzelne Mitar­beiter des Unter­nehmens. „Compliance“ bedeutet das Einhalten von Gesetzen, Regeln, Normen und unter­neh­mens­in­ternen Standards. Mit dem Verbands­straf­ge­setzbuch sollen in Zukunft Unter­nehmen als juris­tische Personen im Falle mangelnder Compliance-Struk­turen straf­rechtlich belangt werden können.

Kein Wahlkampf­tak­ti­scher Schnellschuss

Der durch den NRW Justiz­mi­nister Kutschaty vor dem Bundes­tagswahl angekün­digte Geset­zes­entwurf wird als „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der straf­recht­lichen Verant­wort­lichkeit von Unter­nehmen und sonstigen Verbänden” (VerbStrG‑E) in den Bundesrat einge­bracht (weitere Infor­mation).

Für den Mittel­stand, so die Autoren des Entwurfs,  bestehe ein erheb­liches “Präven­ti­ons­de­fizit”, da  Compliance-Struk­turen flächen­de­ckend im Mittel­stand fehlen. Nach dem Geset­zes­entwurf können dann Unter­nehmen in zwei Fällen straf­rechtlich belangt werden. Einmal, wenn leitende wenn Mitar­beiter durch Tun oder Unter­lassen Straf­ge­setzen mit unter­neh­me­ri­schem Bezug zuwider­handeln oder zu anderen,  wenn Straf­taten durch Mitar­beiter (jeden)  begangen werden und die Geschäfts­leitung nicht nachweisen kann, dass ein ausrei­chendes Compliance-System zur Verhin­derung imple­men­tiert war. Dass das Handeln der Mitar­beiter nicht bekannt war, entschuldigt danach nicht mehr. Insoweit müssen dann ausrei­chende organi­sa­to­rische bzw. perso­nelle Vorkeh­rungen getroffen werden, um Compliance-Verstöße generell zu unterbinden.

Was zunächst wie Wahlkampf aussah ist damit weiter in Arbeit: Es ist damit zu rechnen, dass im Laufe des Jahres 2014 ein entspre­chendes Gesetz verab­schiedet werden kann.  Der Mittel­stand ist daher gut beraten sich auf „Präven­ti­ons­de­fizite“ zu prüfen. Denn die neuen Sanktionen reichen sehr weit.

Sanktionen für Unter­nehmen bis hin zur Liquidation

Das Gesetz soll für sämtliche Delikte aus dem Straf­ge­setzbuch gelten, so z. B.  bei Umwelt­de­likten, Korruption, Steuer­hin­ter­ziehung, Betrug, Untreue usw.  Die Höhe der Strafe richtet sich nach der Schwere des Delikts und dem Umsatz des Unter­nehmens. Neben Geldbußen sind im Gesetz weitere Sanktionen vorge­sehen, zum Beispiel der Ausschluss bei der Vergabe öffent­licher Aufträge und Subven­tionen und die Sanktionen reichen bis zur Liqui­dation des gesamten Unter­nehmens. Dies ist in Deutschland ein Novum – inter­na­tional jedoch nicht.

Compliance wird inter­na­tio­naler Standard

Nach Europäi­schem Recht ist ein Verbands­straf­recht nicht zwingend gefordert. Die Vorgaben im europäi­schen Recht, Art. 67 Abs. 1 AEUV, verlangen nicht die Abkehr von natio­nalen recht­licher Tradi­tionen, sondern stellen klar, dass die verschie­denen Rechts­ord­nungen und Tradi­tionen geachtet werden sollen. Im Deutschen Straf­recht ist dies der Schuld­grundsatz, d. h. dass nur natür­liche Personen bestraft werden können. Die Bestrafung von juris­ti­schen Personen, wie Kapital­ge­sell­schaften (z. B. Aktien­ge­sell­schaften oder GmbHs) ist bisher nur im Ordnungs­wid­rig­kei­ten­recht (OWiG) möglich.

Nach dem weitgehend unbekannten § 130 des OWiG sind heute Geldbußen gegen Unter­nehmen bis zu 10 Mio. EUR möglich. Danach handelt derjenige ordnungs­widrig, wer als Inhaber eines Unter­nehmens vorsätzlich oder fahrlässig Aufsichts­maß­nahmen unter­lässt, die erfor­derlich sind, um in dem Unter­nehmen Zuwider­hand­lungen gegen Pflichten zu verhindern, deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht sind. Die Vorschrift ist relativ unbekannt und die Norm wird selten angewandt.  Die Vorschrift wird in der Diskussion über das Geset­zes­vor­haben “Verbands­straf­ge­setzbuch” wieder mehr in das öffent­liche Bewusstsein rücken.

Die Organi­sation für wirtschaft­liche Zusam­men­arbeit und Entwicklung (OECD) hat Deutschland ausdrücklich weitere Sanktionen empfohlen, um eine wirksame Abschre­ckung zu erreichen, die vor allem kleine und mittlere Unter­nehmen darin bestärken sollen, interne Kontroll­systeme sowie Ethik- und Compliance-Programme zu entwi­ckeln. Experten-Meinungen in Deutschland gehen weit ausein­ander von „überflüssig“ (Prof. Mark Deiters) bis hin zu „längst überfällig“ (Prof. Gereon Wolters).

Inter­na­tional ist eine umfas­sende Compliance in einigen Ländern oft eine Selbst­ver­ständ­lichkeit, wie in vielen EU-Ländern und den USA.  Nicht dagegen im Deutschen Mittel­stand. Großkon­zerne wie MAN, Siemens, Thyssen-Krupp oder die Deutsche Bank unter­halten mit großem Aufwand und hochka­rä­tigen externen Beratern Compliance Systeme und entspre­chende Kontroll­me­cha­nismen. Das Thema ist im Mittel­stand wenig präsent. Durch die Globa­li­sierung der Märkte, zuneh­mende inter­na­tionale Verflech­tungen, dem Abbau von Handels­bar­rieren trifft der Mittel­stand jedoch zunehmend auf Compliance-Erwar­tungen inter­na­tio­naler Geschäfts­partner. Mehr und mehr werden Compliance-Systeme  inter­na­tio­naler Standard.

Ausblick

Der vorlie­gende Entwurf zum Verbands­straf­recht setzt Compliance- und Ethik­fragen für den deutschen Mittel­stand in 2014 auf die politische Agenda. Wenn die große Koalition ein solches Gesetz befür­wortet, ist davon auszu­gehen, dass es verab­schiedet wird. Früher oder Später. Für den Mittel­stand ist es daher ratsam sich in die rechts­po­li­tische Diskussion einzu­bringen und ein funktio­nie­rendes Compliance System einzuführen.