Die Geschäftsmodelle von Perlentauscher und Blinkist auf dem Prüfstand
Werden Texte, Bilder oder Filme „geklaut“, ist die Rechtslage einfach. Es bestehen zahlreiche Ansprüche, u.a. auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz. Doch nicht immer werden Inhalte einfach nur plagiiert. Oft wird bearbeitet oder umgestaltet. Dienen die Inhalte nur als Anregung für neue „Werke“ ist die Nutzung sogar ausdrücklich erwünscht. Doch wo hört die Anregung auf und wo beginnt das Plagiat? Manche Internetangebote spielen hier mit dem Feuer.
Das Geschäftsmodell von Perlentauscher ist simpel. Rezensionen für Filme, Bücher oder Musik werde zusammengefasst und veröffentlicht. LeserInnen sparen Zeit und müssen nicht mehr die ganze Rezension lesen oder gar die Zeitung kaufen, in der die Rezension veröffentlicht ist. Verlage und AutorInnn allerdings haben davon nichts. Kaum jemand wird nach einer ausführlichen Zusammenfassung noch das Original lesen. Durch den Weiterverkauf von Zusammenfassungen aus dem Feuilleton an Online-Buchhändler sahen die Frankfurter Allgemeine Zeitung und Süddeutsche Zeitung ihre Urheberrechte verletzt und klagten durch alle Instanzen.
Kritisches Geschäftsmodell: Fremde Texte zusammenfassen und dann Geld verdienen
In eine ähnliche Richtung geht das Modell des Abo-Dienstleisters Blinkist. Dort werden gleich ganze Sachbücher zusammengefasst. Das Versprechen: Den ganzen Inhalt des Sachbuchs soll man hier in maximal 20 min konsumieren können.
Das geht oft schief, wie Autoren uns berichtet haben, wie den Urteilen um Perlentaucher zu entnehmen ist und wie es auch im Internet nachzulesen ist (@noraimlau). Bei den Zusammenfassungen werden die Texte in den meisten Fällen zwar verändert. Aber die rechtlichen Hürden dafür sind vielen offenbar zu hoch oder zu unbekannt. Die Autorin Lau warnt sogar vor dem Blinkist-Modell und ärgert sich, dass sie dabei nicht mitverdient. Zahlreiche Rechtsverletzungen, vertragsrechtlich, urheberrechtlich sowie persönlichkeitsrechtlich sind bei diesen Modellen denkbar und sollten im Einzelfall genau geprüft werden. Sind die Zusammenfassungen gar inhaltlisch falsch, haben die AutorInnen und die Verlage Ansprüche aufgrund ihrer Rechte aus dem UrhG sowie dem Persönlichkeitsrecht, die sie unbedingt und zügig geltend machen und durchsetzen sollten.
Das Geschäftsmodell von Perlentaucher hat der BGH zwar vor einigen Jahren grundsätzlich gebilligt (Urteil des BGH vom 01.12.2010, Az. I ZR 12/08), allerdings steckt – wie so oft – der Teufel im Detail. Die zusammengefassten Texte könnten z.B. immer noch gegen das Zitarecht verstoßen. Im Zitarecht gibt es formale Hürden, Zitate dürfen beispielsweise nicht verändert werden und die Quelle ist zu benennen. Zudem müssen die Zitate einen „Zitatzweck“ haben und dürfen die den gebotenen Umfang nicht überschreiten. All diese Voraussetzungen einzuhalten, ist nicht immer einfach. Immer wieder werden vermeintliche Zitate daher als Urheberrechtsverletzungen eingestuft – so auch bei mehreren der Perlentaucher-Zusammenfassungen, um die bis zum BGH gestritten wurde.
Urheberverletzungen sind genau zu prüfen
Zudem hat der BGH in der Entscheidung Perlentaucher nochmals klargestellt, dass es nicht nur einen Urheberschutz für die konkrete Form, also die individuellen Formulierungen geben kann, also sowohl „für die urheberrechtlich geschützte, individuelle geistige Schöpfung (…) in der von der Gedankenführung geprägten Gestaltung der Sprache“ sondern auch – und das ist für Moedelle wie Blinkist wichtig – „in der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffes“ Das heißt: Sind die Zusammenfassungen zu nah am Original, kann es eine Urheberverletzung sein, sind sie zu weit weg, ist das auch ein Problem. Denn dann könnte es persönlichkeitsrechtliche Ansprüche geben, weil die Inhalte fehlerhaft unter Verweis auf AutorIn und Verlag wiedergegeben werden. Das klingt nach Zwickmühle. Hier das richtige Maß zu finden, dürfte nicht einfach sein. Kritisch ist es laut BGH immer dann, wenn die Zusammenfassung „weitgehend dem Gedankengang der Vorlage“ folgt. Aber genau das ist ja häufig der Zweck.
Bei der Vertragsgestaltung wiederum heißt es: Aufgepasst! AutorInnen sollten beispielsweise regeln, dass sie an zusätzlichen Einnahmen der Verlage mitverdienen (z.B für die Nutzung der Cover), auch die Wahrnehmung über die Verwertungsgesellschaften sollte geregelt und ggfl. fair geteilt sein.
Weitere Informationen zu Blinkist gibt es hier:
https://www.buzzfeed.de/news/blinkist-kritik-buecher-verlage-autoren-geschaeftsmodell-problematisch-nora-imlau-urheberrecht-91812834.html