Kammer­geicht bestätigt Irrefüh­rende Formulare

Das Kammer­ge­richt in Berlin hat die Einschätzung des Landge­richtes hinsichtlich der seitens der DMV Deutsche Marken­ver­län­gerung GmbH verwen­deten Formulare bestätigt und beurteilt diese in einem Hinweis­be­schluss als irreführend und wettbe­werbs­widrig. Die Berufung wurde daraufhin zurückgenommen.
In dem einst­wei­ligen Verfügungsverfahren
DMV Deutsche Marken­ver­län­ge­rungs GmbH ./. Tulex GmbH

hat der 24. Zivil­senat des Kammer­ge­richts in 10781 Berlin, Elßholz­straße 30–33, durch die Vorsit­zenden Richter am Kammer­ge­richt Harte, die Richterin am Kammer­ge­richt Steuerwald-Schlecht und den Richter am Kammer­ge­richt Landwehr­meyer am 28.Juli 2010 beschlossen:

I.
Die Parteien werden darauf hinge­wiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Antrags­geg­nerin gegen das Urteil des Landge­richts Berlin vom 4.Mai 2010 — 16 0 44/10 ‑durch einstim­migen Beschluss zurückzuweisen.

Die Antrags­geg­nerin erhält Gelegenheit, hierzu innerhalb von zwei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der Wert des Berufungs­ver­fahrens wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung hat nach Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechts­sache hat keine grund­sätz­liche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheit­lichen Recht­spre­chung erfordern keine Entscheidung des Berufungs­ge­richts. Der Senat beabsichtigt daher, das Rechts­mittel nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurück­zu­weisen, und gewährt hiermit zuvor recht­liches Gehör, § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

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Gemäß § 513 Abs.1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die erstin­stanz­liche Entscheidung auf einer Rechts­ver­letzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung recht­fer­tigen. Dies ist hier entgegen den Angriffen aus der Berufungs­be­grün­dungs­schrift nicht der Fall.
Das Landge­richt hat seine im Beschlusswege ergangene einst­weilige Verfügung vom 26.Januar 2010 im angegrif­fenen Urteil zu Recht bestätigt, da neben einem Verfü­gungs­grund auch die zuerkannten wettbe­werbs­recht­lichen Unter­las­sungs­an­sprüche wie tenoriert tatsächlich bestehen. Der Senat macht sich die sorgfältige Begründung aus dem erstin­stanz­lichen Urteil nach Überprüfung vollum­fänglich zu eigen und ergänzt im Hinblick auf die Angriffe aus der Berufungs­be­grün­dungs­schrift lediglich Folgendes:
Das im Tenor der Beschluss­ver­fügung wie im Tatbe­stand des landge­richt­lichen Urteils wieder­ge­gebene Formu­lar­schreiben (Anlage AS 3) der Antrags­geg­nerin ist zweifelsfrei geeignet und darauf angelegt, den angeschrie­benen Empfängern durch eine deutliche Nähe zur Gestaltung amtlicher Formulare des Deutschen Patent- und Markenamts (vgl. Anlagen AS 4 und AS 5) und eine behörd­liche Diktion eine amtliche Herkunft zu sugge­rieren und sie dadurch irrezu­führen. Das Schreiben ist nicht offen als Angebot einer privaten Dienst­leistung ausge­staltet, sondern,als eine „Erinnerung” mit sachlich-nüchternen Angaben auf einem Formular mit Formu­lar­struktur, das sich ohne sonstige sachliche Recht­fer­tigung stark an die optische Gestaltung der Formulare des Deutschen Patent- und Markenamts anlehnt. Vorge­schoben erscheint die Behauptung der Antrags­geg­nerin, die — wie auf dem Formular AS 4 — rechts oben fett gedruckte Zahl 3 sei dort aufge­bracht, weil es sich in der Regel um drei zu verlän­gernde Marken handelt, denn ein solcher Sachbezug wird im Formular selbst — zumal an dieser Stelle ‑nicht herge­stellt. Auch der Strichcode stellt eine Entlehnung dar (vgl. AS 5) und erfolgt nicht aus Sachgründen. Die Firmierung der Klägerin unter Beidruck eines Wappens verstärkt den Eindruck eines amtlichen Schreibens, auch wenn das Deutsche Patent- und Markenamt kein Wappen auf seinen Schreiben aufbringt. Bedenkt man, dass bloße Fortfüh­rungen auf eine „Erinnerung” hin häufig nicht von Unter­neh­mens­in­habern selbst erfolgen,sondern routi­ne­mäßig an unter­ge­ord­neter Stelle, tritt die Eignung zur Irreführung besonders klar zu Tage, auch wenn sich die Recht­spre­chung noch nicht zu exakt gleich aufge­machten und formu­lierten Anschreiben geäußert haben mag.

Die bloß rückseitig in den AGBs versteckten und zudem den Namen des Geschäfts­führers nicht nennenden Angaben zur Unter­neh­mens­trä­gerin genügen dem Sinn und Zweck des § 35a GmbHG nicht, wie das Landge­richt richtig heraus­ge­stellt und näher begründet hat. Dass die

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Verletzung dieser zumindest auch das Markt­ver­halten im Interesse der Markt­teil­nehmer regelnden Norm zu einer spürbaren Beein­träch­tigung führt, hat das Landge­richt entgegen den Angriffen aus der Berufungs­be­gründung gerade unter Hinweis auf die hier in Rede stehende Stoßrichtung überzeugend entwickelt.
Bei der Willens­bildung über etwaige prozes­suale Konse­quenzen aus den vorste­henden Hinweisen mögen die kosten­mä­ßigen Auswir­kungen eines Beschlusses nach § 522 Abs.2 Satz 1 ZPO und die in § 522 Abs.3 ZPO angeordnete Unanfecht­barkeit eines derar­tigen Beschlusses mitbe­dacht werden.

Die Wertfest­setzung für das Berufungs­ver­fahren beruht auf § 3 ZPO.