Texte, Bilder, Musik, Filme – das alles kann inzwischen durch Künstliche Intelligenz (KI) erzeugt werden. Möglich macht das die sogenannte „Generative KI“ (kurz: GenAI). Doch mit den neuen technischen Möglichkeiten stellen sich für Urheberinnen und Urheber grundlegende rechtliche Fragen: Dürfen KI-Systeme Ihre Werke einfach verwenden? Wer haftet, wenn KI Ihre Inhalte plagiiert? Und wie können Sie Ihre Rechte wirksam schützen?
In diesem Beitrag erläutern wir die aktuelle Rechtslage, die typischen Fallstricke – und wie Sie als kreativer Schöpferin auf die rasante Entwicklung von GenAI reagieren sollten.
1. Was macht GenAI überhaupt?
Generative KI ist darauf programmiert, auf Basis großer Datenmengen neue Inhalte zu erzeugen. Die bekanntesten Systeme sind derzeit Textgeneratoren wie ChatGPT oder Bildgeneratoren wie Midjourney, DALL·E und Stable Diffusion.
Das Entscheidende dabei: Diese KI-Modelle werden mit enormen Mengen an Trainingsdaten „gefüttert“. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um öffentlich zugängliche Werke aus dem Internet – darunter auch journalistische Artikel, Fotografien, Illustrationen, Musikstücke oder Videos.
Diese Inhalte stammen nicht selten von Kreativen, die davon weder wissen noch ihre Zustimmung gegeben haben.
2. Dürfen KI-Anbieter Ihre Werke einfach verwenden?
Nein – zumindest nicht ohne weiteres. In der Europäischen Union regelt die DSM-Richtlinie (2019/790) die sogenannte „Text- und Datenauswertung“ (TDM), also das automatisierte Durchsuchen und Analysieren urheberrechtlich geschützter Inhalte. Es gibt zwei wichtige Regelungen:
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Art. 3 DSM-Richtlinie erlaubt TDM für wissenschaftliche Zwecke, etwa durch Universitäten oder gemeinnützige Forschungseinrichtungen – ohne Zustimmung.
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Art. 4 DSM-Richtlinie erlaubt TDM auch für kommerzielle Zwecke – allerdings nur, wenn Sie als Rechteinhaber nicht widersprochen haben.
Dieser Widerspruch ist als „Opt-out“ ausgestaltet: Sie müssen also aktiv werden, wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Inhalte für KI-Training verwendet werden. Und zwar in maschinenlesbarer Form – z. B. per robots.txt, TDM-Reservation-Protocol oder Lizenzhinweis.
3. Warum das Opt-out-Recht kaum bekannt (und schwer durchsetzbar) ist
In der Praxis ist das Opt-out für viele Urheber*innen derzeit faktisch wirkungslos. Warum?
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Die technischen Möglichkeiten zum Widerspruch sind komplex und setzen technisches Know-how voraus.
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KI-Anbieter ignorieren oder umgehen bestehende Maßnahmen teilweise bewusst.
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Es fehlt an einer zentralen Datenbank oder registrierten Stellen, bei denen man Rechte einfach und wirksam vorbehalten kann.
Kurz gesagt: Viele kreative Werke landen im Training großer KI-Modelle, obwohl das rechtlich problematisch ist – und obwohl Urheber das eigentlich nicht wollten.
4. Haftet die KI für Plagiate – oder Sie als Urheber?
Ein weiteres Problem ist das sogenannte „Memorisation“-Phänomen: KI-Systeme speichern teilweise Trainingsdaten so detailgetreu, dass sie diese bei Anfragen fast wortwörtlich reproduzieren können – man spricht auch von „Regurgitation“.
Das bedeutet: Ihre Texte, Ihre Fotos oder Ihre Designs können in veränderter oder nahezu identischer Form im KI-Output wieder auftauchen – ohne Nennung, ohne Lizenz, ohne Vergütung.
Wer haftet in solchen Fällen?
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Grundsätzlich trifft die Verantwortung zunächst den Anbieter des KI-Systems.
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In der Praxis aber kann es dazu kommen, dass Dritte den KI-Inhalt nutzen und veröffentlichen – ohne zu wissen, dass es sich um eine urheberrechtswidrige Reproduktion handelt.
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Je nach Einzelfall kann das zu komplexen Haftungsfragen und Kettenreaktionen führen – gerade bei redaktioneller oder kommerzieller Nutzung von KI-Inhalten.
5. Was tun? Ihre Handlungsmöglichkeiten als Kreative
A. Rechte vorbehalten („Opt-out“)
Wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Werke für KI-Training verwendet werden, sollten Sie:
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Webseiten mit einer maschinenlesbaren robots.txt oder dem TDM-Reservation-Protocol ausstatten,
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in den Metadaten Ihrer Werke klar definieren, dass TDM nicht erlaubt ist,
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vertraglich regeln, dass Ihre Werke nicht in KI-Systeme eingespeist werden dürfen.
B. Lizenzmodelle mitgestalten
Größere Medienhäuser schließen bereits Lizenzverträge mit KI-Betreibern. Auch kleinere Kreative können aktiv werden – z. B. über Content-Aggregatoren, die Rechte bündeln und verhandeln (wie z. B. „SpawningAI“).
C. Verletzungen dokumentieren
Wenn Sie feststellen, dass Ihre Werke durch eine KI reproduziert wurden, sichern Sie Beweise – Screenshots, Hash-Werte, Anfrageverläufe. Je nach Fall kann ein Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch bestehen.
D. Beratung und Vertretung
Viele Fälle bewegen sich derzeit in einem rechtlichen Graubereich. Lassen Sie sich im Zweifel frühzeitig durch eine Kanzlei mit urheberrechtlicher Spezialisierung beraten – insbesondere bei Streitigkeiten mit Plattformen, KI-Diensten oder kommerziellen Nutzern von GenAI-Inhalten.
6. Blick nach vorn: Was ändert sich?
Mit der KI-Verordnung der EU („AI Act“, 2024/1689) kommt Bewegung in die Sache. Künftig müssen KI-Anbieter:
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trainingsdatenbezogene Informationen offenlegen,
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die Einhaltung von Opt-outs nachweisen,
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und GenAI-Inhalte maschinenlesbar kennzeichnen.
Zudem plant die EU ein „Copyright Knowledge Centre“, das Rechteinhaber beim Schutz ihrer Werke gegenüber KI-Anwendungen unterstützen soll.
Fazit
Generative KI ist kein Hype – sondern ein fundamentaler Wandel für die kreative Branche. Wer Inhalte schafft, steht heute vor der Herausforderung, die eigenen Rechte aktiv zu verteidigen und bewusst zu nutzen. Denn eins ist klar: Ohne menschliche Kreativität gäbe es keine Daten – und ohne Daten keine KI.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte zu sichern und Ihre Interessen durchzusetzen.