Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) im Fall Chiquita Brands LLC v. EUIPO (T‑426/23) bestätigt etablierte Rechtsgrundsätze und unterstreicht die strengen Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Bildmarken in der Europäischen Union. Es führt keine neuen juristischen Standards ein, sondern wendet bekannte Prinzipien konsequent auf den konkreten Fall an. Überraschend ist das Urteil daher nicht – insbesondere angesichts der unzureichenden Nachweise zur Verkehrsdurchsetzung der Marke. Interessant sind jedoch die detaillierten Ausführungen des Gerichts zu diesem Punkt, die wichtige Leitlinien für zukünftige Markenanmeldungen bieten. Ausgehend von den vorliegenden Fakten hätten wir ebenfalls die Schutzfähigkeit der Marke ohne zusätzliche Nachweise für die Verkehrsdurchsetzung nicht bejaht.
1. Hintergrund des Falls
Die Marke von *Chiquita Brands LLC* bestand aus einer ovalen Form in Blau, umrahmt von gelben und blauen Linien. Sie wurde für Waren der Klasse 31, insbesondere „frische Früchte“, eingetragen. Das EuG urteilte, dass die Marke für diese Waren keine ausreichende Unterscheidungskraft besitzt und keine Verkehrsdurchsetzung nachgewiesen wurde. Dementsprechend erklärte es die Marke für ungültig.
2. Unterscheidungskraft von Marken (Artikel 7(1)(b) VO 2017/1001)
Das Gericht stellte klar, dass Marken, die aus einfachen geometrischen Formen bestehen, keine inhärente Unterscheidungskraft besitzen, es sei denn, sie enthalten markante Merkmale. In Bezug auf die streitige Marke erklärte das EuG:
Das Gericht beschreibt das Logo als eine „rein figurative Darstellung eines blauen Ovals, das von zwei geschwungenen Linien in Gelb und Blau umgeben ist“ (Rn. 30). Es charakterisiert die Form als eine einfache geometrische Figur, die lediglich eine geringe Abweichung von einer grundlegenden ovalen Form aufweist. Dabei hebt das Gericht hervor, dass das Logo in seiner Gesamtheit keine spezifischen oder einprägsamen Merkmale aufweist, die vom relevanten Publikum als Herkunftshinweis wahrgenommen werden könnten.
Das Gericht führt weiter aus:
„The shape of the contested mark does not contain any specific or characteristic element that the relevant public might perceive as distinctive and that would thus be capable of serving as an indication of commercial origin“ (Rn. 32).
Zusätzlich beschreibt das Gericht die Kombination der Farben Blau und Gelb als „eine einfache und häufig genutzte Kombination von Primärfarben“, die in der Vermarktung von frischen Früchten üblich ist und daher ebenfalls nicht als unterscheidungskräftig gilt (Rn. 45).
Diese Beschreibung betont, dass die grafische Gestaltung des Logos weder in Form noch in Farbgebung über das hinausgeht, was Verbraucher als rein dekoratives Element betrachten könnten.
3. Keine Unterscheidungskraft durch Farbgestaltung
Das EuG stellte außerdem fest, dass die Farbgestaltung – Blau und Gelb – weder ungewöhnlich noch originell genug ist, um die Marke unterscheidungskräftig zu machen.
Das Gericht weist darauf hin, dass Farben oder Farbkombinationen grundsätzlich schutzfähig sein können, wenn sie außergewöhnlich oder ungewöhnlich gestaltet sind. Es betont jedoch, dass in diesem konkreten Fall die Farbkombination Blau und Gelb nicht die notwendige Unterscheidungskraft besitzt, da es sich um eine häufig verwendete Kombination handelt, die keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Konkret heißt es:
„Whilst colours are capable of conveying certain associations of ideas and of arousing feelings, they possess little inherent capacity for conveying specific information, especially since they are commonly and widely used […] without any specific message“ (Rn. 42).
Weiterhin erläutert das Gericht:
„The colours blue and yellow are primary colours and their combination is a simple element which is not likely to be remembered by the relevant public“ (Rn. 45).
Damit bestätigt das EuG, dass eine Farbkombination zwar schutzfähig sein kann, aber nur dann, wenn sie in einer ungewöhnlichen oder besonders charakteristischen Weise verwendet wird. Eine gängige Kombination, die weder komplex noch markant ist, wird nicht als unterscheidungskräftig eingestuft. Diese Feststellung knüpft an frühere Urteile wie Libertel (C‑104/01) an, in denen ebenfalls betont wurde, dass Farben oder Farbkombinationen nur in Ausnahmefällen als Marke eingetragen werden können, wenn sie vom relevanten Publikum als Herkunftshinweis erkannt werden.
4. Verkehrsdurchsetzung: Hohe Nachweisanforderungen
Das EuG betonte, dass für Marken ohne inhärente Unterscheidungskraft der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung in der gesamten EU erforderlich ist. Die von *Chiquita Brands LLC* vorgelegten Beweise – etwa Marktstudien und Umsatzzahlen – wurden als unzureichend bewertet.
Das Gericht hob außerdem hervor, dass die Marke häufig in Verbindung mit zusätzlichen Elementen, wie dem Schriftzug „Chiquita“, verwendet wurde, was den Nachweis erschwert.
Kurzer Ausflug zu den Anforderungen an den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung in der EU, die das Urteil enthält.
Das Gericht hat ausführlich dargelegt, warum die von Chiquita Brands LLC vorgelegten Nachweise für die Verkehrsdurchsetzung nicht ausreichten, und welche Anforderungen an den Nachweis gestellt werden. Dabei betonte das Gericht insbesondere, dass die Verkehrsdurchsetzung für eine Unionsmarke in der gesamten Europäischen Union nachgewiesen werden muss.
- Geografische Abdeckung: Nachweise müssen alle relevanten Teile der EU abdecken. Im Fall von Chiquita konzentrierten sich die Belege jedoch nur auf wenige Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Italien und Schweden).
Beispiel: Eine Verkehrsdurchsetzung, die nur in bestimmten Teilen der EU nachgewiesen wird, reicht nicht aus. Verbraucher in allen Mitgliedstaaten müssen die Marke als Herkunftshinweis erkennen, es sei denn, es gibt grenzüberschreitende Märkte oder kulturelle Nähe. - Repräsentative Marktstudien: Das Gericht stellte methodische Schwächen in den vorgelegten Studien fest.
- Die Studien waren auf eine begrenzte Anzahl von Mitgliedstaaten beschränkt.
- Die gestellten Fragen waren nicht neutral genug und suggerierten eine Verbindung des Logos mit einer bestimmten Marke.
- Verwendung der Marke in der registrierten Form: Die Nachweise betrafen oft die Verwendung der Marke in Kombination mit anderen Elementen, wie dem Schriftzug „Chiquita“, nicht jedoch die reine Bildmarke in ihrer eingetragenen Form.
Problem: Die Marke muss in ihrer eingetragenen Form allein Schutz beanspruchen können, ohne zusätzliche Hinweise. - Detaillierte Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen: Die vorgelegten Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen wurden ebenfalls als unzureichend bewertet. Die Daten waren nicht nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt und bezogen sich auf das gesamte „Chiquita“-Markenportfolio, nicht spezifisch auf die streitige Bildmarke.
Kriterien für eine erfolgreiche Verkehrsdurchsetzung:
- Signifikante Wahrnehmung in der gesamten EU: Ein erheblicher Teil der relevanten Öffentlichkeit in allen Teilen der EU muss die Marke als Herkunftshinweis erkennen. Eine Wahrnehmung nur in wenigen Mitgliedstaaten reicht nicht aus.
- Verwendung der Marke in der eingetragenen Form: Die Marke muss in genau der eingetragenen Form verwendet und wahrgenommen werden. Zusätzliche grafische oder textliche Elemente dürfen nicht dominieren.
- Klare und repräsentative Nachweise: Nachweise müssen folgende Kriterien erfüllen:
- Geografische Breite: Sie müssen auf eine Vielzahl von Mitgliedstaaten ausgeweitet sein.
- Repräsentativität: Die relevanten Verbrauchergruppen müssen angemessen berücksichtigt werden.
- Objektivität: Marktstudien sollten neutrale und methodisch saubere Erhebungsmethoden nutzen.
- Klarheit: Umsatz- und Werbedaten sollten konkret auf die streitige Marke bezogen sein und nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt vorliegen.
5. Warum das Urteil keine Überraschung ist
Das Urteil war erwartbar und bestätigt die bisherigen Maßstäbe. Aus unserer Sicht ist es folgerichtig, dass das Gericht die Schutzfähigkeit der Marke verneint hat, da wesentliche Anforderungen nicht erfüllt wurden:
a) Fehlende inhärente Unterscheidungskraft:
Eine einfache ovale Form, kombiniert mit zwei häufig genutzten Farben, erfüllt nicht die Anforderungen, um als Marke für „frische Früchte“ Schutz zu genießen. Solche Designs werden vom Verbraucher oft als rein dekorativ wahrgenommen.
b) Strenge Anforderungen an einfache Designs:
Das Urteil zeigt, dass Marken mit minimalistischen Designs besonders hohen Anforderungen an ihre Gestaltung genügen müssen. Sie müssen Merkmale enthalten, die sie aus der Masse hervorheben – was hier eindeutig fehlte.
a) Gestaltung eines Logos: Klare Unterscheidungskraft als Schlüssel
Für die Schutzfähigkeit eines Logos ist die Unterscheidungskraft von zentraler Bedeutung. Eine Marke muss dazu in der Lage sein, die Produkte eines Unternehmens von denen der Konkurrenz eindeutig zu unterscheiden. Im Fall der Chiquita-Bildmarke – einem einfachen ovalen Design in Blau und Gelb – stellte das EuG fest, dass diese Kriterien nicht erfüllt sind. Die Analyse des Gerichts zeigt dabei deutlich, worauf Unternehmen bei der Entwicklung eines schutzfähigen Logos achten sollten:
- Originelle und charakteristische Gestaltung:
Ein Logo, das auf simplen geometrischen Formen basiert, wird häufig als rein dekorativ wahrgenommen.
Das Gericht stellte im Fall der Chiquita-Marke fest, dass das ovale Design keine „spezifischen oder charakteristischen Merkmale“ aufweist, die es für den Verbraucher einprägsam machen. - Farbwahl mit Bedacht:
Das Gericht führte aus, dass die Farben Blau und Gelb in der Vermarktung von Lebensmitteln und insbesondere frischen Früchten häufig verwendet werden.
Eine solche Kombination sei zu allgemein, um als Herkunftshinweis zu dienen. Schutzfähig können Farben nur dann sein, wenn sie auf außergewöhnliche Weise genutzt werden, die sich deutlich von branchenüblichen Designs abhebt. - Eigenständigkeit des Logos:
Ein Logo sollte auch ohne ergänzende Elemente wie Schriftzüge oder weitere grafische Bestandteile unterscheidungskräftig sein.
Im Fall von Chiquita wurde das Logo häufig mit dem Markennamen „Chiquita“ kombiniert, was die Eigenständigkeit des Designs untergrub. Für Unternehmen bedeutet dies, dass Logos so gestaltet werden müssen, dass sie unabhängig von anderen Markenelementen als Herkunftshinweis wahrgenommen werden können.
b) Verkehrsdurchsetzung: Eine Herausforderung für wenige
Während die Gestaltung eines Logos alle Unternehmen betrifft, spielt der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung vor allem für große Marktakteure eine Rolle. Verkehrsdurchsetzung bedeutet, dass eine Marke durch ihre Nutzung beim Verbraucher so bekannt geworden ist, dass sie selbst dann Schutz genießen kann, wenn sie ursprünglich nicht unterscheidungskräftig war. Doch dieser Nachweis ist mit erheblichen Anforderungen verbunden und gelingt selten.
- Geografisch umfassender Nachweis:
Das EuG betonte, dass Verkehrsdurchsetzung für eine Unionsmarke in der gesamten EU nachgewiesen werden muss.
Im Fall von Chiquita wurden lediglich Belege für vier Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Italien, Schweden) vorgelegt, was als unzureichend bewertet wurde. - Repräsentative und objektive Marktstudien:
Die vorgelegten Studien wurden methodisch als unzureichend beurteilt. Besonders kritisch war, dass die Fragestellungen nicht neutral genug waren und suggerierten, dass das Logo mit einer bestimmten Marke in Verbindung steht. - Verwendung der Marke in der eingetragenen Form:
Der Nachweis muss sich auf die Marke in ihrer eingetragenen Form beziehen. Im Fall von Chiquita bezogen sich die Nachweise jedoch häufig auf das Logo in Kombination mit dem Schriftzug „Chiquita“, was den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung erschwerte. - Detaillierte und klar aufgeschlüsselte Daten:
Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen sollten nach Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt sein und sich spezifisch auf die streitige Marke beziehen.
Im Fall von Chiquita umfassten die vorgelegten Daten das gesamte Markenportfolio und waren daher nicht ausreichend.
Der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung ist besonders aufwendig und nur selten erfolgreich. Für kleinere Unternehmen ist er in der Regel nicht relevant, da die erforderliche europaweite Bekanntheit kaum erreicht wird. Selbst für große Player wie Chiquita kann es schwierig sein, die strengen Anforderungen zu erfüllen.
Fazit
Das Urteil des EuG ist weder überraschend noch eine Neuerung in der Rechtsprechung. Es bestätigt die strengen Maßstäbe der Unterscheidungskraft und die hohen Anforderungen an den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung. Für uns war klar, dass die streitige Marke ohne Nachweise zur Verkehrsdurchsetzung nicht als schutzfähig eingestuft werden konnte. Das Urteil bietet jedoch wertvolle Hinweise für Unternehmen, wie sie ihre Marken rechtlich absichern und erfolgreich schützen können: Kreativität in der Gestaltung und eine durchdachte Beweisstrategie sind der Schlüssel zu einer robusten Markeneintragung.
Tipps für Unternehmen:
- Setzen Sie auf einprägsame Designs: Originelle und markante Merkmale sind entscheidend, um sich von der Konkurrenz abzuheben.
- Nutzen Sie Farben bewusst: Vermeiden Sie gängige Kombinationen und schaffen Sie eine visuelle Identität, die auffällt.
- Denken Sie europaweit: Besonders für Unionsmarken sollten Logos europaweit einheitlich und unabhängig von anderen Markenelementen genutzt werden.
- Schätzen Sie Verkehrsdurchsetzung realistisch ein: Der Aufwand ist hoch und lohnt sich meist nur für global agierende Marken.
Die Entscheidung unterstreicht: Kreativität und strategische Planung zahlen sich aus – nicht nur im Wettbewerb, sondern auch im rechtlichen Schutz einer Marke.
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