Farbmarken begegnen uns im Alltag ständig – man denke nur an das Sparkassen-Rot oder das Nivea-Blau. Doch obwohl Farben große Werbewirkung entfalten können, sind sie markenrechtlich nur unter besonderen Voraussetzungen eintragungsfähig. Ein aktueller Beschluss des Bundespatentgerichts (BPatG) vom 11. März 2025 hat nun erneut klargestellt, wie hoch die Anforderungen an Farbmarken tatsächlich sind.
Hintergrund des Verfahrens
Im Zentrum des Verfahrens stand eine 2015 eingetragene Farbmarke in Lila (Pantone 2587C). Sie war für bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung von Asthma und COPD sowie für Pulver-Inhalatoren in den Klassen 5 und 10 eingetragen. Die Markeninhaberin, ein weltweit tätiges Pharmaunternehmen, nutzte die Farbe seit Jahrzehnten in Verbindung mit dem bekannten Produkt „Viani Diskus“.
Im Jahr 2019 beantragte ein Wettbewerber die Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG – mit Erfolg.
Kernpunkte der Entscheidung
Das Bundespatentgericht erklärte die Eintragung der Farbmarke für nichtig, da:
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keine originäre Unterscheidungskraft von Anfang an bestand,
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keine ausreichende Verkehrsdurchsetzung im Sinne des § 8 Abs. 3 MarkenG nachgewiesen wurde.
1. Fehlende originäre Unterscheidungskraft
Farben werden im markenrechtlichen Kontext grundsätzlich nicht automatisch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden. Sie dienen häufig lediglich der dekorativen Gestaltung oder der Codierung bestimmter Produktmerkmale. Der Senat stellte fest, dass es im Marktsegment für Atemwegstherapeutika keine relevante Verkehrsgewohnheit gibt, Farben als Marken wahrzunehmen.
2. Kein Nachweis der Verkehrsdurchsetzung
Zwar kann auch eine ursprünglich nicht schutzfähige Farbmarke durch umfangreiche Nutzung schutzfähig werden. Dies setzt jedoch eine klare und repräsentative Verkehrsbefragung aller relevanten Verkehrskreise voraus – mit einer Kennzeichnungskraft von in der Regel über 50 %.
Im konkreten Fall beschränkten sich die Gutachten jedoch auf Ärzte, Apotheker und (teils) bisherige Verwender des Produkts. Die Gruppe der an Asthma oder COPD leidenden Patienten, die regelmäßig mit Inhalatoren in Kontakt kommen und sich zunehmend selbst informieren, wurde nicht berücksichtigt – ein entscheidender Fehler.
Wer zählt zum „beteiligten Verkehr“ bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln?
Das BPatG stellt mit erfreulicher Deutlichkeit klar: Auch Patienten gehören zu den beteiligten Verkehrskreisen – selbst bei rezeptpflichtigen Produkten. Gerade chronisch Erkrankte setzen sich aktiv mit Wirkstoffen, Darreichungsformen und Anbieterinformationen auseinander. Sie sind keine passiven „Nutzer“, sondern informieren sich eigenständig, äußern Präferenzen gegenüber dem behandelnden Arzt und beeinflussen somit mittelbar das Marktgeschehen.
Wichtige Lehren für Markeninhaber und Anmelder
Diese Entscheidung zeigt erneut: Wer Farben als Marke schützen möchte, sollte sich auf eine sorgfältige und strategisch geplante Vorgehensweise einstellen.
Farbmarken sind nur in engen Ausnahmefällen schutzfähig – meist nur durch Verkehrsdurchsetzung.
Der Nachweis muss methodisch sauber geführt und darf keine relevanten Verkehrskreise ausschließen.
Patienten können auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu berücksichtigen sein.
Eine nachträgliche Einschränkung des Warenverzeichnisses wird nicht automatisch akzeptiert – sie muss sachlich und dauerhaft nachvollziehbar sein.
Fazit
Die Entscheidung des BPatG ist ein deutliches Signal: Farbmarken unterliegen strengen Voraussetzungen – in rechtlicher, tatsächlicher und praktischer Hinsicht. Wer sie anmelden oder verteidigen möchte, braucht nicht nur markenrechtliches Know-how, sondern auch Erfahrung mit demoskopischen Nachweisen und den Anforderungen der Gerichte.
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